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Notfallradiologie

15. Notfallradiologie

Autor: Péter Magyar, Balázs Kovács Krisztián

Klinik für Diagnostische Radiologie, Semmelweis Universität

 

15.1. Ziel

Ziel dieses Kapitals ist es, eine Einführung in die bildgebenden Modalitäten zu geben, die in klinischen Notfällen genutzt werden. Gut definierte diagnostische Vorgehensweisen sind von entscheidender Wichtigkeit, um die schnelle und optimale Behandlung von akut erkrankten Patienten zu gewährleisten. In diesem Kapitel werden Erkrankungen besprochen, die nach Symptom oder Region aufgeführt werden und so den Informationen ähneln, mit denen ein Radiologe in einer echten Notfallsituation zurechtkommen muss.

Definition eines medizinischen Notfalls

Ein medizinischer Notfall ist eine Verletzung oder Erkrankung, die akut auftritt und ein unmittelbares Risiko für das Leben oder die langfristige Gesundheit des Patienten darstellt. Notfallzustände können in den folgenden zwei Hauptgruppen unterteil werden: traumatische und nicht-traumatische Notfälle.

15.2. Traumatische Notfälle

Traumatische Notfälle können weiter in den folgenden zwei Hauptgruppen unterteilt werden: Bagatelltraumen und lebensbedrohliche Polytraumaverletzungen. Nach kleineren Traumen ist der Patient bei Bewusstsein, kann sprechen und antwortet adäquat auf Fragen. In diesen Fällen reicht eine gezielte Bildgebung des verletzten Areals aus; zum Beispiel, bei der Fraktur der oberen Extremitäten werden normalerweise Röntgenbilder in zwei Ebenen angefertigt. Bei Polytraumapatienten - besonders bei bewusstlosen Patienten- ist die Wahl einer Modalität jedoch schwieriger zu treffen.

Die Behandlung von Traumaopfern beinhaltet verschiedene Stadien, bei denen die akute Phase die erste Stunde beschreibt. Auf diese folgt die primäre Phase, in der lebensbedrohliche Verletzungen identifiziert und behandelt werden. Die Sekundärphase beinhaltet die Behandlung von nicht-lebensbedrohlichen Verletzungen, während die tertiäre Phase die Zeit für eine Rehabilitation ist. In der ersten Minute fängt die Beurteilung des Allgemeinzustands und ggf. die Wiederbelebung des Patienten an. In den ersten fünf Minuten sollen Vitalzeichen normalisiert werden und eine Kopf-bis-Fuß Untersuchung des Traumapatienten erfolgen, um Differentialdiagnosen zu entwickeln und anschließend eine adäquate Therapie einzuleiten. Dies wirft Frage auf, welche Rolle die Radiologie während dieses Prozesses spielt.

In den ersten Minuten- wenn keine Wiederbelebung notwendig ist- sind Röntgenthorax und Ultraschall hilfreiche Werkzeuge. Die Röntgenthoraxaufnahme liefert einfache Informationen über den kardiopulmonalen Status, während der Ultraschall pleurale, perikardiale und abdominale Flüssigkeitsansammlungen detektieren und rupturierte parenchymale Organe visualisieren kann. Bei Polytraumapatienten, die nicht bei Bewusstsein sind und nicht auf Fragen antworten können, muss die first-line Modalität sehr schnelle Antworte auf klinische Fragen geben. Deshalb spielt das CT bei solchen Patienten eine wichtige Rolle. Neuere Mehrzeilen-Spiral-Techniken (MDCT/MCT) können den gesamten Körper innerhalb weniger Minuten scannen. (Es sei darauf hingewiesen, dass die Beurteilung dieser Aufnahme länger dauert). Daher ist die CT-Ausrüstung heutzutage in modernen Schockräumen vorzufinden.

1. Bild Schockraum in der Asklepios Klinik Altona, Hamburg

 
Viele Pathologien können durch eine CT-Untersuchung diagnostiziert oder ausgeschlossen werden; es ist dennoch nicht zu vergessen, dass diese Technik die Anwendung von hohen Dosen ironisierender Strahlung voraussetzt. MRT, die andere tomographische Modalität, wird nur in besonderen Notfallsituationen genutzt. Vor der MRT-Untersuchung müssen alle magnetischen Gegenstände vom Patienten entfernt werden, sonst werden diese rapide in den Scanner hineingezogen- bekannt als „missile effect“. Eine wichtige Regel ist außerdem nur MRT-kompatibles Zubehör in den MRT-Untersuchungsraum hineinbringen. Traumapatienten können aber metallische Implantate innerhalb des Körpers haben, die dem Notfallpersonal nicht auffallen, aber trotzdem als Kontraindikation für die Untersuchung gelten.

15.2.1. Traditionelle Traumatologie-Diagnostik

Die typischen Befunde der konventionellen Traumabildgebung in Detail zu besprechen würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. Es sollen deshalb lediglich einige allgemeine Regel erwähnt werden:

  • Bei weniger schweren Fällen ist die gezielte Bildgebung des verletzten Areals maßgeblich.

 

2.Bild: Linkes Bild: Fraktur des rechten Hüftkopfes und sklerosierte Metastase des Schambeins. Bei einer vorherigen CT-Untersuchung war keine Metastase des Hüftkopfes zu sehen.
Rechtes Bild: Fraktur der linken Klavikula, nachdem der Patient vom Fahrrad fiel.

  • Bei Weichteilverletzungen (z.B. Muskel- oder Sehnenruptur) ist die Methode der ersten Wahl die Sonographie. Wenn das vorgegebene Areal mit Ultraschall nicht dargestellt werden kann ist die MRT die Modalität der Wahl, z.B. bei Rissen des vorderen Kreuzbands.
  • Bei Schädeltraumen sind Röntgenbilder in zwei Ebenen obsolet. Intrakranielle Verletzungen können nur mittels CT oder MRT diagnostiziert werden. Bei komplexen Frakturen ist das Wissen um die genaue Lokalisation der Knochenfragmente notwendig für die Planung chirurgischer Eingriffe- hierfür ist eine CT-Untersuchung mit 3D-Rekonstruktionen erforderlich.

Wahl der Modalität in der konventionellen Traumatologie

RTG
US
CT
MRT
Knochenfrakturen (in
mindestens zwei Ebenen)
Weichteile
Gelenke
Gefäße
Knochenfragmente,
-Frakturen
+ Kontrastmittel (Angiographie)
Weichteile
Sehnen
  • Bei Traumen der Wirbelsäule ist das MRT nützlich für die Beurteilung der Zustand der Elemente der Kanalis spinalis, den Ausschluss von Verfärbungsverletzungen, während das CT die Frakturen und Knochen abbilden kann.
3. Bild Rückenschmerzen und ein herabgesetzter Tonus des analen Sphinkters nach Autounfall. Linkes Bild: frische Fraktur des 12. Brustwirbel (BWK 12) im CT. Rechtes Bild: Ödem als Zeichen einer frischen Fraktur des 12. Brustwirbels in sagittaler T2WI.

 
Wahl der Modalität bei Traumen der Wirbelsäule

RTG
US
CT
MRT
Knochenfrakturen (in mindestens zwei Ebenen)
Weichteilschatten
ABER: Verletzungen des Rückenmarks
können sich auch in konventionellen Röntgenbildern zeigen
keine Indikation Knochenfragmente,
-Frakturen
3D-Rekonstructionen
Strukturen in der Nähe der Wirbelsäule
Beurteilung der Rückenmark, Verfärbungen, intraspinale Hämatome

15.2.2.

SCHNELLE / eFAST-Ultraschalluntersuchung
Bei den ernsthaften Verletzungen ist Ultraschall die erste bildgebende Methode. Das Wort "FAST" leitet sich vom englischen Begriff "Focused Assessment with Sonography in Trauma" ab, seine Abkürzung bezieht sich auf die Schnelligkeit der Untersuchung. Laut Protokoll kann es nicht länger als zwei Minuten dauern. An den angegebenen Stellen (Epigastrium, rechte und linke Seite und Beckenboden) ist der Ausschluss von Perikard-, Pleuraerguss und freien abdominellen Flüssigkeit die Aufgabe, die auf eine Verletzung der parenchymalen Organe oder Gefäße nach einem Unfall hinweisen kann.
In den letzten Jahren wurde diese Untersuchung in immer mehr Stellen erweitert, um den Thorax zu untersuchen, um einen Pneumothorax auszuschließen: der Begriff "e" verweist in eFAST auf das Wort "erweitert", was die Erweiterung des Tests bedeutet. In diesem Fall wird die Bewegung der Pleura untersucht, wodurch ein größerer Pneumothorax ausgeschlossen werden kann.

Ganzkörper-CT (Whole-body CT)
Bei politraumatisierten Patienten im Wesentlichen der "Goldstandard". Die Untersuchung wird in zwei Schritten durchgeführt. Zunächst wird ein nativer CT-Schädel vorbereitet, um intrakranielle Blutungen auszuschließen. Anschließend wird der gesamte Körper - meist nach dem Beckenboden -, aber je nach Verletzung auch kaudal, nach intravenösen Kontrastmitteln dargestellt. Es gibt verschiedene Protokolle für Kontrastmittelgabe, bei denen sogenannte gemischte, deshalb arterielle und portale venöse Phasen gleichzeitig mit zwei Boli durchgeführt werden. Es gibt andere Protokolle wobei nur eine Pfortaderphase dargestellt wird. Zwischen den beiden Schritten kann die intensive Therapie des Patienten fortgesetzt werden, und der Radiologe kann die ersten Bilder auswerten.
In der Regel werden intrakranielle Blutungen in der Reihenfolge der Schritte zunächst ausgeschlossen, gefolgt von einer systematischen Überprüfung der einzelnen Organsysteme.
Obwohl dies nicht die erste Überlegung bei lebensbedrohlichen Verletzungen ist, ist es natürlich wichtig, die hauptsächliche Strahlenexposition so weit wie möglich nicht zu vergessen, und die Methoden zur Dosisreduktion zu verwenden.

Bei Polytraumapatienten ist es kritisch, innere Verletzungen identifizieren und diagnostizieren zu können, die am häufigsten Gefäßrupturen und Quetschungen der parenchymalen Organe oder Hohlorgane darstellen können. Wir stellen die häufigsten Verletzungsarten nach Region vor; es soll jedoch nicht vergessen werden, dass ein Polytraumapatient meist Verletzungen von mehr als einem Organ hat.

15.2.2.1. Wirbelsäulenverletzungen

Bei kleineren Traumata und wenn die klinischen Symptome eher auf eine paravertebrale Weichteilverletzung verweisen, ist in der Regel die konventionelle Röntgenuntersuchung der erste Schritt. Für Polytraumen ist ein Schritt der CT-Bewertung natürlich die Überprüfung der Wirbelsäule.
Im ersten Fall ist die Halswirbelsäule die dringlichste Aufgabe, um festzustellen, ob die Halswirbelsäulenversteifung entfernt werden kann oder wenn eine dringende Operation erforderlich ist, kann der Patient auf übliche Weise mit dem Hinterkopf und Nacken intubiert werden. Im Fall der Halswirbelsäule sollte beachtet werden, dass die Vertebralarterien in Form von knöchernen Formulierungen vorliegen. Daher sollte besonderes Augenmerk auf den Ausschluss einer möglichen Dissektion gerichtet werden.
Einer der wichtigsten Punkte in der Wirbelsäule ist die Feststellung, ob die Verletzung stabil oder instabil ist. Im Bestreben nach Eindeutigkeit und Klarheit wird AO-Klassifikation verwendet, um Frakturen zu klassifizieren, wobei der Ausschluss der Diskus- oder Bänderverletzung ist ebenfalls wichtig. In diesem Fall, nach der CT kann die MRT auch an der Gestaltung des zu wählenden chirurgischen Verfahrens beteiligt sein. Bei akuten neurologischen Symptomen, die nicht durch CT-Befunde erklärt werden können, sollte eine MRT erstellt werden. Zustand des Rückenmarks, traumatische Diskushernien und intraspinale Hämatome können nur mit MRT festgestellt werden.

15.2.2.2. Schädel- -Trauma

Beim Schädel-Hirn-Trauma ist die wichtigste Frage, ob der Patient eine intrakranielle Blutung hat, die einen Mass Effect hervorruft und später zur Vasokonstriktion führt. Bei Vorhandensein einer offenen Schädelfraktur gekennzeichnet durch Liquorrhö können schwere Infekte und Herniation auftreten. Die CT ist die Modalität der Wahl, um eine intrakranielle Blutung auszuschließen.

Alle drei Arten von intrakraniellen Blutungen können aufgrund von Schädel-Hirn-Traumen auftreten:

  • Die Ruptur der meningealen Arterien kann eine Epiduralblutung zur Folge haben. Eine Schädelfraktur kann an der Stelle der Blutung beobachtet werden.
4. Bild Mann mittleren Alters einige Tage nach direktem Schädel-Hirn-Trauma. Im Nativ-CT-Bild kann eine leicht inhomogene Epiduralblutung gesehen werden, die die Komprimierung des rechten Seitenventrikels verursacht (linkes Bild). Im Knochenfenster kann eine nicht-dislozierte Schädelfraktur im Bereich der Blutung gesehen werden (rechtes Bild).
  • Subdurale Blutungen werden durch die Verletzung der Brückenvenen (Dehnung, Ruptur) verursacht, z.B. nach plötzlichem Bremsen. Diese Verletzungsart ist meist nicht mit einer Fraktur assoziiert.
5. Mann mittleren Alters, Alkoholiker. Im Nativ-CT kann die typische Sichelform der subduralen Blutung auf beiden Seiten gesehen werden. Aufgrund ihrer Ätiologie erstreckt sich diese über die Schädelnähte hinaus.
  • Eine Subarachnoidalblutung entsteht nach Gefäßverletzung oder Aneurysmaruptur.

Eine Frau mittleren Alters ist von einer Leiter gefallen. Im Nativ-CT-Scan sind die basalen Zisternen gefüllt, mit einer subarachnoidalen Blutung zu vereinbaren.

6. Eine Frau mittleren Alters ist von einer Leiter gefallen. Im Nativ-CT-Scan sind die basalen Zisternen gefüllt, mit einer subarachnoidalen Blutung zu vereinbaren.
  • Kontusionsblutungen ereignen sich nach plötzlichem Abbremsen (z.B. Autounfall – Zusammenprall), wenn das Hirnparenchym aufgrund seiner Trägheit in Bewegung bleibt und auf den Schädelknochen stößt. Oft entwickeln sich Kontusionen auch auf der gegenüberliegenden Seite, denn beim plötzlichen Bremsen stößt das Gehirn zuerst auf den Knochen und springt zurück, um dann gegen die gegenüberliegende Wand zu prallen (coup - contrecoup Effekt).
7. Eine ältere Frau erlitt einen direkten Schlag auf den parietalen Schädel. Koronare Rekonstruktion eines nicht-kontrastierten CT-Scans: an der Schlagstelle in der Parietalregion auf der rechten Seite hat sich eine typische linsenförmige Epiduralblutung ausgebildet. Auf der gegenüberliegenden Seite ist im Temporallappen im entgegengesetzten contrecoup Kontusionsbereich eine parenchymale Blutung zu sehen.
  • Schädelbasisfrakturen verdienen besondere Aufmerksamkeit. Die Klassifizierung erfolgt anhand deren Nähe zu den intrakraniellen Fossae. Die Fraktur kann die Dura freilegen; wenn der Subarachnoidalraum geöffnet wird, findet sich Liquor außerhalb des Schädels. Bei Verletzung der Fossa anterior sickert Liquor durch die Nasenhöhle, bei Frakturen der mittleren-posterioren Fossa durch den äußeren Gehörgang. Bei Frakturverdacht soll besonders auf die Beurteilung von pneumatisierten Hohlräumen an der Schädelbasis geachtet werden (z.B. Nasennebenhöhlen, Paukenhöhle).
  • Unter den Schädelbasisfrakturen verdienen Frakturen des Schläfenbeins, insbesondere pyramidale Frakturen spezielle Aufmerksamkeit. Der Grund ist die mögliche Mitverletzung von vielen wichtigen Strukturen, die innerhalb des Knochens lokalisiert sind (Hör- und Gleichgewichtsorgane, der Canalis fascialis und Segmente der Vene jugularis interna und Arteria carotis seien hervorzuheben). Aufgrund der hauptsächlich knöchernen Struktur ist die CT-Untersuchung zwingend notwendig (HRCT).

 

15.2.2.3. Traumen des Gesichtsschädels

Traumen des Gesichtsschädels sind Notfälle, da sie die Lebensqualität eines Patienten beeinträchtigen können, auch wenn sie nicht lebensbedrohlich sind. Die Erhaltung der Organe des Sehens, Riechens und Geschmacks sowie die Integrität der Gesichtszüge sind von unantastbarer Wichtigkeit. Die knöcherne Umgebung und rekonstruktive chirurgische Techniken setzten die Untersuchung dieser Region mittels MDCT voraus. In der Beurteilung kann die Verarbeitung der primären Bilder relevant sein, z.B. 3D-Rekonstruktionen zwecks chirurgischer Planung.

  • Für die Routinediagnose von Nasenbeinfrakturen wird eine Röntgenaufnahme lediglich in der Seitenebene angefertigt (PA Röntgenbilder haben keinen Wert aufgrund der überlagernden Schatten der Schädelknochen).

 

8. Eine junge Frau wurde angegriffen. Sie hat Nasenbluten und eine Risswunde an der Nasenwurzel. In der seitlichen Röntgenaufnahme kann eine nicht-dislozierte Frakturlinie, die sich über dem unteren Dritten des Nasenbeins erstreckt, gesehen werden.

 

  • Frakturen des Gesichtsschädels werden in verschiedene Gruppen klassifiziert (Le Fort I-III. Typen), je nachdem, ob nur der Prozessus alveolaris unterbrochen wird, ob eine pyramidenförmige Fraktur der Maxilla unterhalb des Orbitabodens gesehen werden kann, oder ob der gesamte Gesichtsschädel sich von der Schädelbasis gelöst hat.
  • Unten stumpfen Gewalteinwirkungen auf die Orbita (Bulbus) und ihre dünne knöcherne Wand sprengen Knochenfragmente normalerweise in Richtung des Sinus maxillaris aus und werden “blow-out Frakturen” genannt. Hier können Teile der Orbitainhalte bis in die Nebenhöhle vorragen und sich zwischen den knöchernen Schichten einklemmen. Dies kann zu Augenbewegung-/Sehstörungen führen. CT ist die Methode der Wahl, um Frakturen zu diagnostizieren. (Im Falle eines Traumas können wir nicht sicher sein, dass keine ferromagnetischen metallischen Gegenstände in der Augenhöhle sind, die sich als Projektil während einer MRT-Untersuchung verhalten könnten). Bei Möglichkeint der kleinen nicht-dislozierten Frakturen reicht das Röntgen der Orbita nicht aus. Das Alter des Patienten sowie der Strahlenschutz der Linse sollen berücksichtigt werden.
  • Bei penetrierenden Bulbusverletzungen ist die Tatsache von Einfach- oder Doppel- (durchdringenden) Penetration wichtig. Sie müssen sich der Anwesenheit eines Fremdkörpers sicher sein. In diesem Fall kann der strahlenundurchlässige Orbital-Fremdkörper, wie oben beschrieben, hauptsächlich mit CT-Scan, die andere Typen (z. B. Baum) Fremdkörper mit MRT dargestellt werden.

 

9. Jünger Mann, der zuhause mit einem Polierer gearbeitet und keine Schutzbrille getragen hat. Im Nativ-CT-Scan kann medial im rechten Bulbus ein Gegenstand metallenen Dichte gesehen werden. Aufgrund der starken Metallartefakte ist die hintere Penetration von Bulbus (doppelte Perforation) unklar.

 
Unten den Frakturen der Nasennebenhöhlen ereignet sich die Fraktur des Sinus maxillaris am häufigsten. Ein direkter Schlag von vorne oder von der Seite auf das Jochbein führt zu einer Tripod-Struktur. In diesem Fall ragt das Jochbein bis in die Kieferhöhle hinein; aufgrund von Instabilität ist der Jochbogen normalerweise zusätzlich frakturiert. Ein typischer Befund ist die Entwicklung eines orbitalen oder subkutanen periorabitalen Emphysems, nachdem der Patient sich die Nase putzt. Diese kann in CT-Bildern gut gesehen und durch Krepitationen bei der klinischen Untersuchung getastet werden.

Wahl der Modalität bei Schädeltrauma

RTG
US
CT
MRT
Heute wird es nur zur Diagnose einer Nasenfraktur verwendet. Keine Indikation Unverstärkte CT: intrakranielle Blutungen auszuschließen, möglicherweise zu einem Unfall führenden Schlaganfall ausschließen
+ Kontrastmittel Die exakte Darstellung knöcherner Strukturen und Frakturen
Nachdem die Kontraindikationen ausgeschlossen sind, kann dies bei neurologischen Symptomen durchgeführt werden, die nicht durch den CT-Scan gerechtfertigt sind

 

15.2.2.4. Thoraxtrauma

Im Bezug auf Thoraxtrauma werden zwei Zustände besprochen:

  • Pneumothorax oder mediastinale freie Luft bedeutet, dass freie Luft entweder im Pleuraspalt oder im Mediastinum vorhanden ist. Beides kann normalerweise im Röntgenthorax gesehen werden. (Bei Verletzungen kann sich auch Blut im Pleuraspalt finden).
10. Pneumothorax im konventionellen Röntgenthorax und Hautfalte
  • Aortenrupturen ereignen sich nach plötzlichen Bremsungen und sind normalweise am Übergang des Aortenbogens in die Aorta descendens lokalisiert. Sie können mittels CT-Angiographie diagnostiziert werden.

Wahl der Modalität bei Thoraxtrauma

RTG
US
CT
MRT
Kardioplumonale Untersuchung
Pneumothorax
Pleurale Flüssigkeit
Mediastinalpathologien
Zwerchfellruptur
Prellung
Röntgendichte Fremdkörper
Knöcherne Strukturen
Pleurale Flüssigkeit
Perikardiale Flüssigkeit
Nativ Scan- pleurale und perikardiale Flüssigkeit,
Prellung, Fraktur, röntgendichte
Fremdkörper und deren
Lokalisation
i.V.-Kontrastmittel (Angio)
Keine Indikation

 

15.2.2.5. Traumen des Abdomens und Beckens
  • Ruptur und Prellung der parenchymalen Organe. Obwohl das betroffene Organ normalerweise durch Ultraschall dargestellt wird, kann lediglich die CT-Untersuchung eine definitive Diagnose liefern, z.B. wenn Organe durch Darmgase überlagert werden. Mit Ultraschall können Leber, Milz und Nieren gut untersucht werden, die Bauchspeicheldrüse jedoch wird oft durch Meteorismus überlagert und kann dann nicht dargestellt werden. Ultraschallbedingt können die Läsionen nicht vollständig freigelegt werden, was nicht zum Riss des Kapsels der Parenchymorganen führt. Für die Klassifizierung des Verletzungsgrades mit Politrauma CT wird für einige Organe die Klassifizierung der AAST (American Association for Surgery of Trauma) verwendet.
  • Freie abdominale Luft ist das Zeichen der Perforation eines Hohlorgans. Konventionelle Röntgenbilder können nur relativ große Mengen freier Luft abbilden. Polytraumatisierte Patienten können normalerweise nicht stehen oder sich selbst auf die Seite drehen. CT bietet die zuverlässigste Diagnostik; auch wenn die Perforationsstelle nicht identifiziert werden kann, kann die Verteilung der Luftblasen auf die Quelle hindeuten. Eine Ruptur des Harntraktes kann anhand von Extravasationen des ausgeschiedenen i.V. Kontrastmittels diagnostiziert werden.
  • Ähnlich wie bei den Extremitäten, können sich im Hals oder Thorax Gefäßverletzungen nach schwerem Aufprall auch abdominale Gefäßverletzungen entwickeln. Diese können mittels Ultraschall detektiert werden, das CT bietet jedoch eine zuverlässigere Diagnostik.

Ein Messer ist vom Küchentisch gefallen und bleibt im rechten Oberschenkel eines 18-jährigen jungen Mannes stecken. Vermehrter Oberschenkelumfang und eine pulsierende Masse wurden beobachtet. Im obigen Bild konnte mittels femoraler Duplex-Sonographie ein Pseudoaneurysma der Arteria femoralis detektiert werden. Im mittleren Bild (CT-Angiographie) zeigt das Pseudoaneursyma eine Kontrastmittelanreicherung. Im unteren Bild ist eine 3D-Rekonstruktion der CT-Angiographie zu sehen.

11. Ein Messer ist vom Küchentisch gefallen und bleibt im rechten Oberschenkel eines 18-jährigen jungen Mannes stecken. Vermehrter Oberschenkelumfang und eine pulsierende Raumforderung wurde beobachtet. Im obigen Bild konnte mittels femorale Duplex-Sonographie ein Pseudoaneurysma der Arteria femoralis detektiert werden. Im mittleren Bild (CT-Angiographie) zeigt das Pseudoaneursyma Kontrastmittelanreicherung. Im unteren Bild ist eine 3D-Rekonstruktion der CT-Angiographie zu sehen.

 

15.2.2.6 Fremdkörper

 
Fremdkörper können auf jede erdenkliche Weise in den Körper gelangen. Sie lassen sich am besten erfassen, wenn wir mit den Anwendungsgebieten der bildgebenden Modalitäten vertraut sind.
Röntgendichte Fremdkörper können durch konventionelles Röntgen identifiziert werden. Solche Aufnahmen sollten immer in mindestens zwei Ebenen angefertigt werden. Konventionelle Röntgenaufnahmen sind die summierten Bilder einer Ebene; um Gegenstände genau lokalisieren zu können soll die orthogonale Ebene angefertigt werden; Fluoroskopie und CT können in unsicheren Fällen auch hilfreich sein.

12 Ein junger Tänzer feierte mit Freunden im Ankleidezimmer. Er verschluckte plötzlich einen Gegenstand, der sich im abdominalen Röntgenbild als ein Schrankschlüssel erwies.

 
Nicht-röntgendichte Fremdkörper sind schwieriger aufzufinden; oberflächlich liegende Gegenstände (z.B. festgeklemmte Nähte) können durch Ultraschall, tiefer liegende Gegenstände durch MRT identifiziert werden.

Wahl der Modalität bei Bauchtrauma

RTG
US
CT
MRT
Freie Luft
Irreguläre Weichteilschatten
Röntgendichte Fremdkörper
Knochen
Kontrastuntersuchungen
Abdominale Flüssigkeitsansammlungen
Ruptur von parenchymalen Organen
Gefäßverletzungen
Freie Luft?
Nativ Scan- freie Luft, Flüssigkeitsansammlungen, Ruptur, Knochen, exakte Lokalisation röntgendichter Fremdkörper
CT-Angiographie- Rupturen (Detailansicht), Verletzungen der Harnwege
Knöcherne Strukturen
Frakturen (Detailansicht)
Nach der Primärdiagnostik bei speziellen Untersuchungen, z.B. für die Untersuchung der Gallenwegenverletzung

 

15. 3 Nicht-traumatische Notfälle

In diesem Kapitel besprechen wir Fälle anhand von Leitsymptomen. Der bewusste und kooperative Patient klagt normalerweise über Schmerzen; daher soll die Differentialdiagnostik basierend auf dem beschreibenden Charakter und der Lokalisation, der Anamnese und der körperlichen Untersuchung erfolgen.
Es ist sehr wichtig, die Befunde mit anderen Klinikern, die an der Behandlung beteiligt sind, zu besprechen. Bei abdominalen Notfällen liegt keine Indikation für einen unmittelbaren CT-Scan vor. Die Untersuchung muss differenziert geplant und durchgeführt werden, je nachdem, ob eine Pyelonruptur oder eine akute Pankreatitis vermutet wird. Deshalb ist es unerlässlich, dass dem Radiologen mögliche Differentialdiagnosen angegeben werden.

15.3.1.

  • Kopfschmerzen- Die Wahl einer adäquate Bildgebungsmodalität soll darauf basiert sein, ob der Verdacht einer intrakraniellen oder extrakraniellen Lokalisation besteht. Intrakranielle Erkrankungen werden im Neurologiekapitel behandelt. In Notfällen ist das CT (sowohl nativ als auch kontrastmittelgestützt) die primäre Bildgebungsmodalität; gelegentlich wird auch MRT eingesetzt, um Gehirnläsionen zu beurteilen.
  • Beim Schlaganfall können fokale neurologische Zeichen bei der Feststellung einer Diagnose hilfreich sein; Kopfschmerzen werden seltener beobachtet. Die diagnostischen Untersuchungen eines ischämischen Schlaganfalls werden im Neurologiekapitel detailliert beschrieben. Plötzliche, ununterbrochene Kopfschmerzen können auf einen hämorrhagischen Schlaganfall hindeuten (z.B. Subarachnoidalblutung, SAB). Ein Nativ-CT kann die Diagnose sichern, ist breit verfügbar und schnell, auch im Vergleich zu den fortgeschrittenen MR-Sequenzen. Bei der SAB muss die Blutungslokalisation zu Therapiezwecken identifiziert werden, deshalb wird eine MR- oder CT-Angiographie als Teil der Diagnostik durchgeführt.
  • Pulmonalishauptästen ist ein reitender Thrombus als Füllungsdefekt Sinusthrombosen können sich in allen intrakraniellen Sinus ereignen. Trotzdem stellt lediglich die Thrombose des Sinus cavernosus einen medizinischen Notfall dar. Faziale, orbitale oder intrakranielle Infekte können durch die Sinusthrombose entstehen. Wenn verfügbar ist das MRT die Methode der Wahl zur Diagnostik bei Verdacht einer Sinusthrombose. Ähnlich wie bei anderen Gefäßerkrankungen sollte auch eine kontrastmittelgestützte CT-Untersuchung durchgeführt werden (MR- oder CT-Venographie). Otogenetische Prozesse (z.B. Mastoiditis) führen oft zu der Komplikation einer Thrombose des Sinus sigmoideus.
13. Ältere Frau mit Kopfschmerzen und Eintrübung. Native und kontrastmittelgestützte CT-Scans zeigen eine hypodense Läsion mit gyraler Hyperdensität. Die Lokalisation entspricht keinen arteriellen Gebieten. Im MRT kann eine Blutung nachgewiesen werden. Mangelndes Enhancement im rechten Sinus transversus deutet auf eine Thrombose hin.

 

  • Zu den intrakraniellen Infektionen zählen Meningitis, Enzephalitis und Gehirnabszesse. Die MRT ist dem CT bei der Diagnostik intrakranieller Infekte überlegen. Die CT kann beim klinischen Bild einer infektiösen Läsion oft falsch-negative Ergebnisse liefern, obwohl eine akute Blutung ausgeschlossen werden kann.
  • Der Hydrozephalus wird durch den Radiologen diagnostiziert; die Lokalisation der Obstruktion sowie Anzeichen einer Progression sollten mittgeteilt werden. Das Nativ-CT ist die Basis-Bildgebungsmodalität bei Hydrozephalus; trotzdem bietet die MRT detailliertere Informationen über ZNS-Läsionen.
  • Die Sinusitis kann alle Nasennebenhöhlen betreffen. Eine detaillierte Beschreibung der diagnostischen Schritte kann im Kopf-Hals-Kapitel gefunden werden. Bei der akuten Sinusitis ist das klinische Bild eindeutig, sodass keine Bildgebung notwendig ist. (Sie ist normalerweise mit einem niedrigeren Risiko verbunden als andere Notfälle). Radiologie spielt eine Rolle in der Differentialdiagnostik. Nasennebenhöhlenaufnahmen werden nach wie vor routinemäßig in der klinischen Praxis angefertigt. Sie werden genutzt, um die Pneumatisierung oder das Vorhandsein von Exsudat in den frontalen oder maxillaren Nebenhöhlen nachzuweisen. Für die Untersuchung des Sinus sphenoidale oder der Ethmoidzellen wird ein CT oder CBCT empfohlen. Ein MRT soll bei Verdacht auf Weichteilläsionen durchgefürt werden.
  • Kopfschmerzen können auch durch otologische Erkrankungen hervorgerufen werden, wie z.B. durch akute oder chronische Mittelohrentzündungen oder die Entzündung der Mastoidzellen. Bildgebung ist bei rezidivierenden oder akut fulminanten Erkrankungen erforderlich. Konventionellen Röntgenuntersuchungen (Schüller-, Stenvers-, Mayer-Aufnahmen) sind überholt. Knöcherne Strukturen sowie die Pneumatisierung sollten durch eine CT beurteilt werden (high-resolution HRCT). Die MRT wird im Falle einer intrakraniellen Verschleppung durchgeführt, um Komplikationen festzustellen.
  • Akuten Halsschmerzen, Kieferklemme und Atemnot können durch komplizierte dentale oder pharyngale Infekte verursacht werden. Die Rolle der Bildgebung ist es, die Ursache der Dyspnoe sowie eine mögliche mediastinale oder spinale Ausbreitung der Entzündung zu identifizieren. Ein Ultraschall des Halses ist schnell und flexibel, kann aber nur oberflächliche Gewebe durchdringen und muss deshalb in Kombination mit anderen Modalitäten genutzt werden. Sein Haupteinsatzgebiet ist das Detektieren von Flüssigkeitsansammlungen und soliden Knoten, oder, um bildgebungsgesteuerte Interventionen wie Aspirationen oder die Drainage von Abszessen zu führen. In der Infrahyoidalregion können CT und MRT mit vergleichbarer Effizienz eingesetzt werden, obwohl beide Nachteile haben. Die CT ist schneller und weniger sensitiv für Bewegungs- und Metallartefakte. (Die MRT bietet hingegen einen besseren Weichteilkontrast in der Suprahyoidalregion).

 
Wahl der Modalität bei Kopfschmerzen

RTG
US
CT
MRT
Knochen
Weichteilschatten
Luftschatten
Luft-Flüssigkeits-Spiegel
Zwei Ebenen
Keine Indikation Natives CT um intrakraniellen Blutungen, Herniationen auszuschließen
+ Kontrastmittel
Detailansicht von knöcherne Strukturen, Frakturlinien
Schlaganfall
Infektionen
Tumore

 

15.3.2. Thoraxschmerzen

 

  • Pneumothorax kann in Folge von Trauma oder spontan entstehen (das bezieht sich auch auf freie Luft in dem Mediastinum). Seine schwerste Form ist Spannungspneumothorax, bei dem mit jedem Atemzug immer mehr Luft in den Pleuraraum eindringt, kann aber wegen Ventilmechanismus nicht von dort rauskommen. Eine Thoraxaufnahme reicht aus.
  • Hydrothorax ist Folge von bestimmten Krankheitsbilder, bei deren sich Flüssigkeit im Pleuraraum ansammelt, die dann wegen Kompression die Atmung verschlechtert. Er kann an einer Thoraxübersichtsaufnahme diagnostiziert werden. Mit Ultraschall ist Hydrothorax ebenfalls darstellbar, mit dessen Hilfe ist die Qualität des Pleuraergusses, bzw. dessen Abgekapselheit zu beurteilen. Diese Information leistet den Klinikern grosse Hilfe vor der Punktion.
  • ARDS (Atemnotsyndrom der Erwachsenen) ist ein Krankheitszustand mit diffuser Verminderung des Luftinhaltes der Lungen, das meistens in Schwerkranken, die an der Intensivstation behandelt sind, auftritt. Die Alveolen sind diffus, progredient unbelüftet, die sich am Anfang als vereinzelte, später als konfluierende fleckige, herdförmige (Schneesturm ähnliche) Transparenzverminderungen darstellen.

 

Abb.14. Typisches Röntgenbild eines ARDS mit massiver beidseitiger Verschattung und mit Luftbronchogramme.

 

  • Pneumonie ist anhand von einer Thoraxübersichtsaufnahme festzustellen, ein Infiltrat kann sich jedoch auf dem Summationsbild hinter dem Herz-oder Zwerchfellschatten ungemerkt verbergen. In solchen Fällen als erster Schritt ist eine seitliche Thoraxaufnahme anzufertigen, in der Kenntniss der Vermutung des Klinikers, welche Seite betroffen sei, da diese in filmnahe/ detektorsnahe anzulegen ist.
  • Eine pulmonale Embolie nachzuweisen oder auszuschliessen ist eine CT-Angiographie (CTA) durchzuführen. Die konventionelle Thoraxübersichtsaufnahme bleibt in meisten Fällen negativ. Die ersten indirekten Zeichen, wie Pleuraerguss, Zwerchfellhochstand, Streifenatelektase oder Infarktpneumonie lassen sich erst später erkennen. Im Gegenteil dazu liefert CTA schnelle, genaue Diagnose.

 

Abb. 15. Alte Frau mit Dyspnoe, mit typischer EKG-Zeichen einer pulmonalen Embolie. In den Pulmonalishauptästen ist ein reitender Thrombus als Füllungsdefekt zu erkennen (CTA mit bolus-tracking)

 

  • Aortenaneurysmenruptur, Aortadissektion
  • Bei stabilen Patienten ist sofort eine CTA durchzuführen, bei Verdacht auf Aneurysma dissecans möglichst mit EKG-Triggerung.
  • Ösophagusruptur, Ösophagusperforation

Bei einer Perforation kann der Inhalt der Speiseröhre in das Mediastinum gelangen, wo es zu einer Entzündung führt, die sehr schnell eine lebensbedrohliche Situation verursacht. Als indirektes Zeichen zeigt sich mediastinale freie Luft, die bei grösseren Mengen auch an der Thoraxübersichtsaufnahme zu erkennen ist.
Die Perforationsstelle lässt sich als Kontrastmittelaustritt mit Ösophagus-Breischluck darstellen. Bei Verdacht auf Perforation ist die Untersuchung ausschliesslich mit wasserlöslichem, absorbierbarem Kontrastmittel durchzuführen. Die nichtabsorbierbaren Bariumsulfat-haltigen Kontrastmittel können eine schwerste sterile Entzündung verursachen, die mit Gewebenekrose einhergeht.

Leitlinien für bildgebende Verfahren bei Thoraxschmerzen

RTG
Ultraschall
CT
MRT
Kardiopulmonaler Zustand
Pneumothorax
Pleuraerguss
Pneumomediastinum
Kontrastmitteldarstellungen
Pleuraerguss
Perikarderguss
Alles, wie bei Röntgen, aber mit genauer Lokalisation
+ i.V. Kontrastmittel (CT-Angiographie)
Knochenstruktur, Frakturen
Keine Indikation

 

15.3.3. Schmerzen im Abdomen und kleinem Becken

 
Die Schmerz-Syndrome der Region lassen sich in der Praxis meistens entweder auf die vier abdominellen Quadrante, oder paraumbilikal begrenzen, oder diffus auf den ganzen Abdomen verteilt. Nach dieser Prinzip müssen pathologische Veränderungen bestimmter Organen oder Organgruppen in Betracht gezogen werden.

Der behandelnde Arzt soll die optimale Modalität entsprechend der Zieldiagnose und das bildgebende Vermögen (nach Rücksprache mit einem Radiologen) der anwendbaren Verfahren auswählen. Die meisten Organen in dem Abdomen sind als Weichteile zu betrachten, fast alle bildgebende Verfahren können verwendet sein, am wenigsten MRT. Abhängig von der Kooperationfähigkeit des Patienten kann eine Abdomenübersichtsaufnahme, ein Breischluck mit Kontrastmittel, eine Ultraschalluntersuchung, oder ein CT mit drei Phasen (arterielle, parenchymatöse und Spätphase) nach i.V. Kontrastmittelgabe durchgeführt werden. Im untenstehenden sind allgemeine und auf die abdominellen Quadrante gezielte Überlegungen zu finden. Es sind einige allgemeinen Feststellungen zu machen, die die Diagnosestellung bestimmen.

16. Bild der Quadrante
  • Die Distension des Abdomens, freie Luft oder Flüssigkeit können auf die Generalisierung eines früher bestehenden Problems hinweisen. Die native Abdomenübersichtsaufnahme – bei kooperierendem Patient im Stehen, bei liegendem im Seitenlage mit horizontalem Strahlengang – kann Informationen über eventuelle freie Luft (mindestens 2-3ml), über Darmgasverteilung und extra- bzw. intraluminale Spiegelbildung liefern. Zusätzlich sind strahlendichte Strukturen (Verkalkungen, metall oder andere Fremdkörper) zu erkennen. Über die Magendarmpassage können wir uns nach oraler Kontrastmittelgabe unter Durchleuchtung und späteren Aufnahmen in bestimmten Zeitintervalle einen Übersicht bilden.
  • Die Ultraschalluntersuchung informiert uns über freie oder abgekapselte Flüssigkeitsansammlungen, Steinreflexionen, über den allgemeinen Zustand von Organen, oder auch über Meteorismus. Vaskularisation, Gefässstenosen, Thrombosen, Embolisationen lassen sich mit Doppler-Sonographie beurteilen. Bei Bedarf sind Ultraschall-gezielte Punktionen, Aspirationen, Drainagen ausführbar.
  • CT ist eine detailreiche, summationsfreie Untersuchungsmethode, die nach Kontrastmittelgabe noch weitere Informationen in sich birgt.
  • Die MRT-Untersuchung kann bei Notfallaufnahmen bei schwangeren Frauen oder gegebenenfalls bei Kindern am effektivsten sein.
  • Der rutine Abklärungsabfolge wird durch die Zieldiagnose, die aufgrund der Leitsymptome gestellt wird, bestimmt. Als erster Schritt erfolgen meistens Röntgen-und Ultraschalluntersuchungen, die letzte kann jedoch bei geprägtem Meteorismus stark eingeschränkt sein, und an ihrer Nützlichkeit verlieren. Als weiterführende Methode können eventuell Magendarmpassage, oder CT angewendet werden.

Im untenstehenden werden ohne die Vollständigkeit zu erstreben die häufigsten Notfallpathologien und die bildgebenden Modalitäten, die zu ihrer Nachweis geeignet sind, nach den bestimmten abdominellen Quadranten aufgelistet dargestellt.

  • Rechte Oberbauchschmerzen weisen auf Veränderungen der Leber, der Gallengänge oder der Gallenblase hin. In diesem Bereich werden Beschwerde von rechtseitiger Nierensteine, Harnstau, Erkrankungen in dem perirenalem Raum im Retroperitoneum, eventuell von der Entzündung einer hochgeklappten Appendix oder eines Duodenalgeschwürs lokalisiert. Erweiterung des Nierenbeckenkelchsystems oder parenchymatöse Nierenveränderungen sind ebenfalls abzuklären.
    • Der Verdacht auf eine Cholezystitis oder Cholelithiasis kann in Falle von strahlendichter Gallensteine bereits aufgrund einer Abdomenleeraufnahme geäussert werden, da diese unterhalb des rechten Rippenbogens sichtbar sein können. Als erster Schritt soll eine abdominelle Ultraschalluntersuchung durchgeführt werden, die sowohl Gallenblasenkonkremente, als auch Gallengangsteine auf Grund ihrer Schallreflexion und hinteres Schallschattens nachweisen kann. Bei Cholezystitis ist als Zeichen der Entzündung eine Wandverdickung oder geschichtete, ödematöse Wandstrukturen, die mittels Doppler- Untersuchung hypervaskulär erscheinen, zu erkennen. In Fällen (Choledocholithiasis), in denen die extrahepatischen Gallengänge aufgrund Darmgasen mit Ultraschall nicht untersucht werden können, und liefert CT keine zusätzlichen Informationen, da möglicherweise der Gallenstein strahlenundurchlässig ist, kann MRCP verwendet sein.
Abb. 17. Typische kolikartige subkostale Oberbauchschmerzen rechts. Auf dem ersten Bild typischer US Befund eines Gallensteines mit Schallschatten. Auf dem zweiten Bild Cholezystitis mit US, mit Schichtenbildung der Gallenblasenwand, mit Hypervaskularisation und angrenzender Flüsssigkeitsansammlung. Im Lumen sind Sludge und zahlreiche kleine Konkremente zu sehen.
    • Nephrolithiasis (Ureterolithiasis) sind an ihren physischen Eigenschaften Gallensteine ähnlich, deshalb mit ähnlichen Methoden zu untersuchen. Die typische Röntgenaufnahme dieser Region wird auf die Nierenloge gezielt. Die Ultraschalluntersuchung kann durch gashaltige Darmschlinge eingeschränkt sein, oder auch nur indirekte Zeichen eines Konkrementes, wie Erweiterung des Nierenbeckenkelchsystems oder eines Teiles der ableitenden Harnwege darstellen. Es kann ein Stein jedoch auch ohne Abflusstörung vorliegen. Steine, die „unterwegs” sind, können der Aufmerksamkeit des Radiologen entweichen, oder nicht erfasst werden, besonders in dem mittleren Drittel des Ureters aufgrund der Abdeckung von Darmgasen. Juxtavesikale Steine sind durch das Schallfenster der gefüllten Harnbalse leichter darzustellen. Bei Zweifel kann nach oder sogar statt Röntgen und Ultraschall eine native abdominelle Computertomographie, möglicherweise „low-dose” (mit verminderter Strahlenbelastung) durchgeführt werden. Eine objektive, schnelle und mehr artefaktsfreie Bildgebung ist der CT als Vorteil zuzuschreiben, die auch Darstellung anderer Strukturen ausserhalb des Harnapparates (wenn auch beschränkt) ermöglicht, und somit das Vorliegen anderer akuten Veränderungen ausschliessen lässt.

Duodenale Perforation oder typische präpylorische Magenperforation können zum Erscheinen freier abdominellen Luft führen, die in meisten Fällen auf der Übersichtsaufnahme unterhalb der Zwerchfellkuppeln als typischer horizontaler, sichelförmiger strahlentransparenter Band zu erkennen ist. Das oral verabreichte Kontrastmittel fliesst durch die Perforationstelle in den freien Abdominalraum raus und somit ergibt sich ein typischer Kontrastmuster.
Bei dringendem Verdacht auf eine Perforation, wenn keine freie Luft im Abdomen auf der Leeraufnahme nachzuweisen ist, oder nur eine atypische Gasansammlung sichtbar ist, kann eine CT-Untersuchung durchgeführt werden, mit deren Hilfe freie Luft auch in kleinen Mengen oder „latent” entpuppt werden kann. Verdacht auf freie Luft kann obwohl nicht rutinemässig, aber manchmal auch mit Ultraschall geäussert werden, wenn sich eine bandförmige weisse Schallreflexion an typischer Stelle, zwischen rechtem Zwerchfellkuppel und Leberlappen abzubilden lässt.

  • Im linken Oberbauchquadrant können sich eine (zweistufige) Milzruptur, Magengeschwür, Aortenaneurysma, Kolonperforation, oder linkseitige Nierenveränderungen manifestieren.
    • Die Abklärung einer Magenperforation, die aufgrund einer Ulkuskrankheit entsehen kann, wurde in dem vorhergehenden Absatz ausführlich dargelegt.
  • Im rechten Unterbauchquadrant müssen eine Appendizitis, Adnexitis, tuboovarialer Abszess, Salpingitis, extrauterine Schwangerschaft, Nieren- und Uretersteine, inkarzerierte Hernien, mesenteriale Lymphadenitis, Meckel-divertikulitis, Crohnsche Krankheit, Zökumperforation, oder Psoasabszess u.a. in Betracht gezogen werden.
    • Appendizitis und periappendikulärer Abszess sind in der überwiegenden Mehrheit der Fälle die Ursache für die Beschwerden, es müssen jedoch angesichts der Benennung dieser Region als „Sturmecke” viele andere Krankheitsbilder ausgeschlossen werden. Diskrete Spiegelbildungen in dieser Region auf der Leeraufnahme können auf lokalen Peritonismus hinweisen. Die direkte Abbildung einer Appendizitis ist mit Ultraschall möglich, wenn Schallreflexionen in gasgefüllten Darmschlingen die Appendix selber nicht undarstellbar machen. Der praktischen Erfahrung nach ist eine entzündete Appendix leichter darstellbar, als eine normale, so ist die Sensitivität der Methode in solchen Fällen höher. Die inflammierte Appendix zeigt sich als unkomprimierbare, tubuläre, echoarme Struktur, deren Wand mit farbkodierter Doppler-Untersuchung eine erhöhte Vaskularisation aufweist. Von Fall zu Fall kann auch ein Fäkolith mit Schallreflexion in deren Lumen nachweisbar sein. Ein Abszess lässt sich als echoarme, fluktuierende Struktur mit dichtem Inhalt abgrenzen. Eine tiefliegende, retrozökale oder sog. hochgeklappte Appendix kann der Aufmerksamkeit des Untersuchers entweichen , oder mit dieser Methode unnachweisbar bleiben. In zweifelhaften Fällen kann Computertomographie mit ihrer Sensitivität über 90% der Diagnostellung gute Hilfe leisten.
    • Inkarzerierte Hernien können abdominal oder inguinal liegen. Die Herniation des Peritoneums, des Mesenteriums oder einer Darmschlinge kann entweder in einen präformierten Kanal, oder sogar in eine früher bestehende Abdomenwandnarbe erfolgen. Auf eine Abdomenübersichtsaufnahme können Spiegelbildungen im Darm sichtbar sein, wenn die Hernie zum Ileus führt. Eine Magendarmpassage-Untersuchung kann das Vorliegen, sowie die Lokalisation der Obstruktion beweisen, ist aber sehr zeitaufwendig und kann für den Patienten stark belastend sein. Ein direkter Herniennachweis ist mit Ultraschall möglich. In der Bauchwand oder im Inguinalkanal lässt sich eine dilatierte Darmschlinge mit Wandverdickung darstellen, oft von einer Flüssigkeitsansammlung umgeben.
Abb. 18. Inkarzerierte Hernie. Auf der Abdomenleeraufnahme ist umbilikal eine mässig dilatierte, umgekehrte U-förmige Darmschlinge zu sehen mit Spiegelbildung. Auf dem Ultraschallbild ist der inkarzerierte wandverdickte Darmabschnitt umgeben von einer dünnen septierten Flüssigkeitsansammlung abgebildet.

 

  • Im linken Unterbauchquadrant können Sigmadivertikulitis, gynäkologische Erkrankungen, Colitis ulcerosa vorkommen.
    • Eine Divertikulitis kann bei Patienten von normalem Körperbau mit einer an das Punctum maximum der Schmerzen gezielten Ultraschalluntersuchung nachgewiesen werden. Die Divertikulitis ist als eine Darmwand nahe echoarme Struktur gekennzeichnet, in deren Umgebung als Zeichen einer ödematösen Entzündung des mesenterialen Fettgewebes erhöhte Echogenität dessen, sowie separierte Darmschlinge, und mit Doppler eine Hypervaskularisation zur Abbildung kommen. Zur sicheren Darstellung eines tiefliegenden Darmabschnittes, eines Abszesses oder einer Inflitration im Bereich des kleinen Beckens kann eine CT-Untersuchung mit i.V. Kontrastmittelgabe erforderlich sein, die auch eine Differenzierung zwischen Abszess bzw. Raumforderung ermöglicht. Leider kann es trotzdem zu einer Situation kommen, in der lediglich die Histologie bei einer nach antiinflammatorischer Therapie durchgeführten Kolonoskopie einen raumfordernden Prozess ausschliessen oder nachweisen kann. Als Komplikation einer Divertikulitis kann eine Darmperforation auftreten, dessen Zeichen, wie früher detailliert dargestellt, freie abdominelle Luft sein kann.
  • In der periumbilikalen Region können akute Pankreatitis, kurzbestehende Appendizitis, mesenteriale Thrombose oder Embolisation, Aortenaneurysma, bzw. Divertikulitis Beschwerden verursachen.
    • Die Diagnose der akuten Pankreatitis kann mit dem Trio des klinischen Bildes, Laborbefunde (Amylase, Entzündungsparameter) und der Bildgebung bestätigt werden, die Positivität von zwei von den drei genügt. Die bildgebende Diagostik spielt in diesen Fällen bei Differenzierung gegen andere Karnkheiten oder bei dem Nachweis der Komplikationen eine Rolle. Der Peritonismus, den die Pankreatitis verursacht, führt zur Spiegelbildung in den epigastrial geliegenen Dünndarmschlingen.
Abb. 19. Abdomenübersichtsaufnahme. „Sentinel loop” –Zeichen.

 
Sentinel loop = „Wächter Darmschlinge”. Die Luftreflexion in diesem Darmabschnitt kann bei Ultraschalluntersuchung die Beurteilung des mittleren Anteils des Retroperitoneums unmöglich machen. Wenn diese Region trotzdem zu untersuchen ist, kann die Verbreiterung des Parenchyms des Pankreas, die ödematöse Auflockerung dessen dargestellt, und das Vorliegen einer Flüssigkeitsansammlung peripankreatisch, in der Bursa omentalis oder auch im ganzen Abdomen nachgewiesen werden. Obwohl Computertomographie bereits die ödematöse Phase der akuten Pankreatitis mit guter Treffsicherheit darstellen kann, in Form von Verbreiterung des Parenchyma, und Hyperdensität des peripankreatischen Fettgewebes, spielt jedoch in dem Nachweis der frühen und späten Komplikationen eine Hauptrolle. Die Diagnosestellung wird bei typischer CT-Morphologie von Ödem, Nekrose oder Blutung vereinfacht.

Abb.20. Akute Pankreatitis, CT-Untersuchung. Flüssigkeitsansammlung peripankreatisch und im vorderen pararenalen Raum. Das Parenchym des Pankreas ist ödematös.
    • Der Verdacht auf einen Ileus kann meistens auf Grund einer Abdomenübersichtsaufnahme geäussert werden. Es kann sogar mit der Leeraufnahme auf die Lokalisation der Obstruktion (Magen, Dünndarm, oder Dickdarm) geschlossen werden. Bei mechanischem Ileus kann über inkompletten oder bereits kompletten Ileus gesprochen werden. Die Passagefunktion kann sich erschöpfen. Wichtig ist es, die klinischen Daten und Anamnese (vorhergehende Operationen, Medikation, Prädisposition für Tumoren) zu kennen, da mit deren Hilfe die Ursache des Ileus auch manchmal zu vermuten ist.
Abb. 21. Erstes Bild: Abdomenübersichtaufnahme, erweiterte Darmschlingen mit breiten Luft Flüssigkeitsspiegel. Zweites Bild: Abdomenübersichtsaufnahme. Das Kolon ist bis Höhe des Sigma distendiert, es sind breite Spiegelbildungen im Kolon zu sehen. Die Obstruktion kann im Bereich des Sigma oder des Rektums vermutet werden.
    • Die Ruptur einer Aortenaneurysma (abdominell oder thorakal), sei sie drohend oder bereits erfolgt, ist bei dem hämodynamisch stabilen, kooperierenden Patient notfallmässig mit CT-Angiographie zu untersuchen, ausser der Patient sofort ins Op-Raum gebracht wird. Nach i.V. Kontrastmittelgabe ist eine eventuelle „Sickern”, das Vorliegen eines retroperitonealen Hämatoms in einigen Minuten nachweisbar. Eine Verspätung in der Diagnosestellung mit Röntgenaufnahmen, abdominelle Ultraschalluntersuchung, besonders das Drücken mit dem Schallkopf auf den Bauch kann für den Patienten tödliche Folgen haben, im Sinne einer Verblutung. In einer Situation, in der die Diagnose einer Aneurysma, bzw. der Ruptur deren nicht an erster Stelle steht, kann bei der Routine-Ultraschalluntersuchung das inhomogene Hämatom um die erweiterte Aorta als echoarme retroperitoneale Struktur ans Tageslicht kommen. In solchen Fällen sollen wir uns nicht verzögern, eine CT-Angiographie, die als gold standard steht, durchzuführen.
    • Mesenteriale Thrombose/ Embolie geht mit progredienten, sehr starken kolikartigen Bauchschmerzen einher (mesenteriale Angina). Auf der Abdomenleeraufnahme sind Zeichen eines paralytischen Ileus zu sehen. Der vermehrte Darmgasinhalt kann die Ultraschalluntersuchung stark einschränken, weil eine Doppler-Untersuchung des Retroperitoneums und damit die Beurteilung der mesenterialen Gefässe durch die Luftreflexionen verhindert werden kann. Bei klinischem Verdacht soll eine CT-Untersuchung durchgeführt werden.
Abb.22. Alter Herr mit generalisierter Gefässerkrankung klagt über kolikartige periumbilikale Schmerzen. Auf dem ersten Bild ist eine Okklusion der Arteria mesenterica superior, 8 cm von deren Entsprung auf CT-Angiographie (CTA) dargestellt. Auf dem zweiten Bild 3D-Rekonstruktion der CTA. Es sollen die fortgeschrittenen Verkalkungen in der Aortenwand beachtet werden.
  • In der epigastrialen Region können nicht nur abdominelle, sondern auch thorakale Erkrankungen Schmerzen verursachen. Es sollen Myokardinfarkt, Ösophagusperforation, Hiatus Hernie, Magengeschwür ebenfalls in Betracht gezogen werden. Auf der Routine-Thoraxaufnahme können oft lediglich hinweisende Zeichen gesehen werden, es ist aber nicht selten der Fall gewesen, dass die freie Luft einer Perforation unterhalb des Zwerchfellkuppels zur Darstellung gekommen ist.
  • Die Krankheitsbilder aller abdominellen Quadranten können sich im Frühstadium mit um das Ganglion coeliacum lokalisierten Oberbauchschmerzen manifestieren.
  • Bei Unterbauchschmerzen kann eine Flüssigkeitsansammlung, eine zystische oder solide Struktur auf einen Prozess, dessen Ursprung im Kleinbecken liegt, hinweisen.

 
Tabelle – Bildgebende Verfahren, Leitlinien bei Schmerzen im Abdomen und kleinem Becken

RTG
UH
CT
MR
Freie Luft
Darmdistension
Spiegelbildung
Weichteilschatten
Verkalkungen
Siluette-Zeichen
Strahlendichter Fremdkörper
Kontrastmittel-Austritt
Solide oder zystische Strukturen
Freie oder abgekapselte
Flüssigkeitsansammlung
Gasreflexion (freie Luft)
Farbdoppler: pathologische Vaskularisation, Thrombose
Nativ:
wie Rtg und US, ausser Vaskularisation höhere Sensitivität
genaue anatomische Lokalisation
Entzündungszeichen im Fettgewebe
Nach i.V. Kontrastmittelgabe:
Aortenaneurysmenruptur
Vaskuläre Informationen
Bei nicht lebensbedrohlichen Notfallsituationen (z. B. Appendizitis) bei Schwangeren oder bei Kinder.

 

15.4. Mundvorrat

Die verschiedenen Notfall-Krankheitsbilder und die bildgebenden Verfahren, die in ihrer Abklärung eine Rolle spielen, wurden in einer regionalen und pathophysiologischen Einteilung dargelegt. Mit deren Kenntniss erwirbt der Allgemeinmediziner die Fähigkeit, dass in kürzester Zeit, die in Notfällen zur Verfügung steht, sich eine Vorstellung über lebensdrohliche, oder mit bleibenden Schäden einhergehenden Krankheitsbilder zu machen, und die adäquate Behandlung rechtzeitig anzufangen, um diese beseitigen zu können.

Übersetzt in English von Pál Kaposi Novák und Balázs Futácsi
Deutsche Übersetzung von Adam Domonkos Tarnoki

 
1. Was bezeichnet man als Notfallsituation?
a. wenn die Möglichkeit eines reversibelen Schadens besteht
b. die das Leben bedroht
c. wenn Lebensgefahr, oder die sofortige Chance eines bleibenden Schadens besteht
d. wenn es keine genügende Zeit für einen detaillierten diagnostischen Prozess zur Verfügung steht

2. Gold standard- bildgebender Verfahren in akuter pulmonalen Embolisation
a. Lungenperfusions- und Ventillationsszintigraphie
b. Thorax-Röntgenaufnahme
c. Native Thorax-CT
d. Pulmonale CT-Angiographie

3. In abdominellem Notfall welche Modalität kann alleine in der kürzesten Zeit am meisten Krankheitsbilder ausschliessen?
a. Computertomographie
b. Abdomenübersichtsaufnahme
c. Abdomen-Ultraschall

4. Was ist die wichtigste Frage, die bei einer Schädelfraktur nicht mit einer Schädelaufnahme in zwei Ebenen auszuschliessen ist?
a. Gibt es eine Dislokation?
b. Gibt es eine intrakranielle Blutung?
c. Welches Knochen ist gebrochen?
d. Ist der Patient bei Bewusstsein?

5. In minimum wie vielen Ebenen sind Röntgenaufnahmen von verletzten Extremitäten bei Verdacht auf eine Fraktur anzufertigen?
a. es genügt in einer Ebene, wo die Fraktur sichtbar ist
b. minimal in drei Ebenen
c. „Eine Ebene ist keine Ebene” – so minimum in zwei Ebenen

6 . Welches Knochen darf im Falle einer Fraktur lediglich in einer Ebene geröngt werden?
a. C7- Wirbel
b. Daumen oder erster Zehe
c. Femur
d. Nasenbein

7. Welche ist die schwerste Form des Pneumothorax und die Modalität für dessen Nachweis?
a. Ventilpneumothorax – Thoraxröntgenaufahme
b. Mantelpneumothorax – Thorax-CT
c. Ventilpneumothorax – Ultraschall
d. Hydropneumothorax – Durchleuchtung

 
8. Es sind intrakranielle Blutungen, ausser…
a. Kontusionsblutung
b. Subarachnoideale Blutung
c. Subgaleale Blutung
d. Subdurale Blutung
e. Epidurale Blutung

9. Was ist die Methode der Wahl in Verdacht auf eine Aortenaneurysmenruptur?
a. beim stabilen Patient CT-Angiographie
b. beim instabilen Patient MR-Aortographie
c. Abdominelle Doppler-Ultraschalluntersuchung
d. DSA (digitale Subtraktionsangiographie)

10. Welche Modalität kann am sichersten kleine Mengen an freier abdominellen Luft darstellen?
a. abdomineller Ultraschall
b. CT-Untersuchung
c. abdominelle MRT
d. Abdomenübersichtsaufnahme

Lösung: 1.C, 2.D, 3.A, 4. B, 5.C, 6.D, 7.A, 8.C, 9.A, 10.B


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