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Die Grundlagen der Pädiatrischen Radiologie

18. Die Grundlagen der pädiatrischen Radiologie

Autor: Éva Kis

I. Klinik für Kinderheilkunde, Semmelweis Universität

 

Lernziel des Kapitels

Den Studenten bekanntmachen, dass Kinder keine kleinen Erwachsenen sind. Die Kinder und Jugendliche haben andere Arten von Krankheiten, als die Erwachsenen, und deshalb sind die bildgebenden Verfahren auch anders. Die diagnostische Strategie ist auch anders, obwohl die Modalitäten der Erwachsenen-Radiologie ähnlich oder sogar gleich sind. Sowohl die Reihenfolge und Methode der Untersuchungen, als auch die Nachfolge der kleinen Patienten ist aber anders.
Bei Kindern ist es besonders wichtig, die Untersuchungen mit Strahlenbelastung zu reduzieren, sogar möglichst zu vermeiden. Das bedeutet einerseits die strikte Kontrolle der Indikation, andererseits, wenn es möglich ist, anstatt Röntgen- und CT-Untersuchungen die ohne ionisierende Strahlung funktionierende Verfahren, wie Ultraschall oder MRT zu verwenden.

18.1. Unterschiede zwischen Kinder- und Erwachsenen-Radiologie

Ein Kind ist kein kleiner Erwachsener – das mag wie ein Klischee klingen, ist aber in der Tat eine grundlegende Wahrheit. Kinder und Jugendliche haben andere Erkrankungen als Erwachsene und benötigen sowohl andere Therapiekonzepte als auch andere Strategien für die Bildgebung.
Die Strategien der diagnostischen Bildgebung sind anders, obwohl die Modalitäten gleich oder vergleichbar mit denen der Radiologie des Erwachsenen sind. Die Reihenfolge der Untersuchungsmodalitäten, einige der technischen Parameter und die Follow-Up-Protokolle unterscheiden sich in der Kinderradiologie.
Der Hauptunterschied liegt im Strahlenschutz. Kinder sind besonders empfindlich für ionisierende Strahlung. Kindliches Gewebe reagiert besonders sensibel auf Strahlung und kein minimaler Dosisgrenzwert ist bekannt, der als absolut harmlos angesehen werden kann. Gewebe im Wachstum und rotes Knochenmark – das den größten Anteil des Knochenmarks einnimmt – sind in dieser Altersgruppe besonders empfindlich für Strahlung. Wegen der kleineren Körpergröße sind die Gonaden näher zum Strahlenfeld. Außerdem ist wegen der längeren Lebenserwartung von Kindern durch die kumulative Dosis aus natürlicher und künstlicher Strahlung ein höheres Risiko für die Entwicklung maligner Erkrankungen gegeben. Der beste Schutz ist das Minimieren oder vollständige Vermeiden ionisierender Strahlung bei Kindern. Das bedeutet auf der einen Seite strikte Kontrolle und Überwachung der Indikationen für Röntgen- und CT-Untersuchungen und auf der anderen Seite, wenn möglich, die Nutzung nicht-ionisierender Untersuchungstechniken wie Ultraschall oder MRT. Strahlenschutz verlangt auch, die Anzahl an Röntgenuntersuchungen auf das absolute Minimum zu reduzieren. Das bedeutet, dass unnötige Wiederholungs- oder Vergleichsuntersuchungen oder Aufnahmen in verschiedenen Ebenen vermieden werden sollten. CT-Untersuchungen sollten nur durchgeführt werden, wenn sie absolut notwendig sind und dann unter Verwendung von speziellen Low-Dose-Protokollen.
Das englische Akronym ALARA bedeutet As Low As Reasonably Achievable – man sollte demnach immer die geringstmögliche Strahlendosis verwenden. Dieser Gesichtspunkt sollte in der Kinderradiologie niemals vernachlässigt werden.
Dieses Kapitel soll die wichtigsten radiologischen Modalitäten für die Untersuchung von Kinder und Jugendlichen im Vergleich zur Radiologie der Erwachsenen vorstellen und außerdem einen kurzen Überblick über die häufigsten Krankheiten geben.

18.2. Thorax

18.2.1. Der normale Thorax des Neugeborenen

Die normalen Lungen des Neugeborenen: Der Thorax eines Neugeborenen macht einige fundamentale Veränderungen in den ersten Tagen des extrauterinen Lebens durch. Das Herz ist durch die Dominanz der rechten Seite relativ rund. Der Herz/Thorax-Quotient in mittlerer Inspirationslage liegt bei 0.55-0.62. Eine Beurteilung in Exspirationslage kann zu diagnostischen Fehlern führen. (Abb. 1. a-b.)
Thymus: Er besteht normalerweise aus zwei asymmetrischen Lappen, liegt im vorderen-oberen Mediastinum und zeigt große Schwankungen in Bezug auf Größe und Form. Er verursacht keine Kompression benachbarter Organe. (Abb.2.) Im Ultraschall stellt er sich als homogenes und solides Gewebe dar, echoärmer als die Schilddrüse. Das Zwerchfell liegt in mittlerer Inspirationslage etwas höher als bei Erwachsenen, in Projektion auf die achte und neunte dorsale Rippe beziehungsweise die sechste vordere Rippe.
Knöcherner Thorax: Die Rippen stehen horizontal und die sagittalen und horizontalen Thoraxdurchmesser sind ähnlich groß.

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1.a. Exspirationsaufnahme: die Transparenz der Lungen ist diffuse vermindert.
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1.b. Inspirationsaufnahme, die Lunge ist transparent, das Herz ist normal groß. Die Rippen verlaufen bei Kindern horizontal
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2. Der Thymus ist konturgebend auf beiden Seiten. Gesunder Neugeborener.

 

18.2.2. Einige typische Erkrankungen des Neugeborenen

Transitorische Tachypnoe. Fetale intrapulmonale Flüssigkeit wird nicht ausreichend durch die Venen und Lymphgefäße abtransportiert; das Neugeborene fällt durch Dyspnoe und Tachypnoe auf. Im Röntgen-Thorax ist die Lunge überbläht und transparenzgemindert und es findet sich eine relative Kardiomegalie. Diese Zeichen verschwinden normalerweise innerhalb von 72 Stunden.
Atemnotsyndrom des Neugeborenen (ANS): Frühgeborene vor der 34. Woche haben unreife Lungen mit Surfactant-Mangel, der zu einer alveolären Insuffizienz führt. Wenn die Atemstörung mit der Zeit zunimmt, treten Tachypnoe, Dyspnoe, Zyanose und Stöhnen beim Ausatmen auf. Im Röntgenbild treten die normal belüfteten Lungenanteile zurück und ein diffuses retikulo-noduläres Muster ist zu erkennen. Außerdem zeigen sich Bronchopneumogrammstrukturen, die bis in die Peripherie reichen. Die Herzkontur wird unscharf. Sogar ein vollständiger Verlust der Lungentransparenz ist möglich (Stadium I-IV). Die langfristige Behandlung mit Surfactant führt zu einer Besserung des radiologischen Bildes. (Abb.3.).
Mekoniumaspirationssyndrom (MAS): Eine häufige Erkrankung reifer Neugeborener. Wenn Mekonium vorzeitig in das Fruchtwasser abgeht und unter der Geburt vom Neugeborenen aspiriert wird, kann eine chemische Pneumonie entstehen (Abb.4.). Im Röntgenbild zeigen sich grobfleckige und streifige alveoläre Verschattungen.
Bronchopulmonale Dysplasie (BPD): Die BPD ist die Schädigung der Lungen unreifer Neugeborener durch lange künstliche Beatmung. Das radiologische Bild hängt vom Krankheitsstadium ab, frühe Zeichen der BPD sind nicht vom ANS zu unterscheiden. In späteren Stadien sind die Lungen überbläht und zeigen zentral betont ein retikuläres Muster. Atelektasen sind häufige Komplikationen, die die Entstehung von Infekten begünstigen. (Abb.5.)

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3. “Weiße” Lunge. ANS IV.
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4. Schneesturmartige, nodulär-fleckige Infiltrate auf beiden Seiten der Lunge. Mekonium-Aspiration.
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5. Die basalen Lappen der Lunge sind belüftet, auf beiden Seiten findet sich ein irreguläres, retikuläres Muster. BPD.
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6. Darmgas in der linken Thoraxhälfte, die Mittellinie ist nach rechts verlagert. Linksseitige Zwerchfellhernie.

 
Angeborene Zwerchfellhernien: Sie sind das Ergebnis einer abnormalen Zwerchfellentwicklung. Das radiologische Bild wird durch die Schwere, Lokalisation und Erkrankungsdauer beeinflusst. Linksseitige Hernien sind häufiger (auch Bochdalek-Hernien genannt). Das Neugeborene ist respiratorisch insuffizient. Über dem Thorax können Darmgeräusche und dislozierte Herztöne auskultiert werden. Das Abdomen ist kollabiert. Die rechtsseitige Hernie wird auch Morgagni-Hernie genannt und verursacht ein weniger schweres klinisches Bild. Sie ist häufig ein Zufallsbefund im Röntgenbild. Im Ultraschall können die Lücken im Zwerchfell sowie herniierte Leberanteile gesehen werden. (Abb.6.)

18.2.3. Pneumonie.

Im Falle eindeutiger klinischer Untersuchungsergebnisse inklusive Auskultation und Perkussion (Krepitation, Rasselgeräusche, dumpfer Klopfschall) ist eine radiologische Untersuchung nicht zwingend notwendig.
Radiologischer Befund: Für die Mehrzahl der Pneumonien reicht ein einzelner Röntgen-Thorax zur Diagnosestellung aus. Die initiale Untersuchung innerhalb der ersten 24 Stunden fällt generell negativ aus, falls klinisch notwendig muss dann eine Kontrolluntersuchung durchgeführt werden. Wenn jedoch die klinischen Symptome unter Behandlung sich bessern, kann die Röntgenuntersuchung vernachlässigt werden. Die endgültige Bestätigung, dass die Infiltrate sich aufgelöst haben, wird immer durch eine Röntgenuntersuchung dokumentiert. Im Fall einer Pleuropneumonie kann der Ultraschall den Erguss kontrollieren und analysieren. Viele Kontroll-Röntgenuntersuchungen können daher durch Ultraschall ersetzt werden.
Die Röntgenuntersuchung ist grundsätzlich nicht geeignet, um die Ätiologie einer Pneumonie zu bestimmen, kann in einigen Fällen jedoch Hinweise geben.
B-Streptokokken-Pneumonie: Eine postnatal erworbene Infektion reifer Neugeborener, die ein ANS imitieren kann. Anders als beim ANS zeigen sich grobe retikulo-noduläre Infiltrate, häufig mit begleitenden Pleuraergüssen. Manchmal finden sich auch fleckige oder konfluierende perihiläre Infiltrate.
Staphylococcus aureus Pneumonie: Eine häufige bakterielle Pneumonie kleiner Babys. Das radiologische Bild zeigt fleckig-noduläre oder konfluierende Infiltrate, häufig mit Pleuraergüssen. Die pneumonischen Noduli konsolidieren schnell und formen Pneumatokelen, die weiter wachsen können und für längere Zeit persistieren. Die Heilung dauert gewöhnlich Monate. (Abb. 7.,8.)
„Round pneumonia“: Eine charakteristische pädiatrische Erkrankung. Die rundlich geformten Infiltrate imitieren einen Tumor im Röntgen-Thorax (Neuroblastom, bronchogene Zyste). Akute Entstehung, Fieber und Bronchopneumogrammstrukturen innerhalb der Infiltrate helfen bei der Differenzierung, ebenso wie der Rückgang der Infiltrate am Ende der Therapie. Der häufigste Erreger ist Streptococcus pneumoniae. Weiterführende Bildgebung (CT) ist selten notwendig.

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7. Pneumatokele im rechten Oberlappen
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8. Fast komplette Auflösung nach einem Monat.
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9.a. In Expiration ist die rechte Seite überbläht.
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9.b. In Inspiration ist die Mittellinie nach rechts verschoben. Holzknecht-Zeichen: Fremdkörper im rechten Bronchus

 

18.2.4. Fremdkörperaspiration

Kinder nehmen alles in den Mund. Daher treten von Zeit zu Zeit akzidentelle Aspirationen auf. Die Symptome der akuten Aspiration sind offensichtlich. Eine rezidivierende Pneumonie an einer bestimmten Stelle ist höchst verdächtig auf eine Fremdkörperaspiration. Daher ist die Radiologie vor allem in Fällen chronischer Aspirationen wichtig, bei denen die Patientengeschichte nicht sicher auf eine Fremdkörperaspiration hinweist.
Radiologische Untersuchung: Aspirierte Fremdkörper sind selten röntgendicht und sind daher nur selten auf Röntgenbildern zu sehen. Ein negativer Befund im Röntgen-Thorax schließt daher die Möglichkeit einer Fremdkörperaspiration nicht aus. Die meisten Fremdköper verursachen eine Okklusion auf Höhe der Bronchien. Dies bedeutet, dass in Inspiration Luft am Fremdkörper vorbeikann, jedoch in Exspiration nicht entweichen kann. In der Exspirationsaufnahme ist die betroffene Lunge daher überbläht. Das Diaphragma ist ipsilateral niedrig, während in Inspiration die Mittellinie zur betroffenen Seite verlagert wird (Holzknecht-Zeichen, Abb.9. a-b.). Bei Verdacht auf eine Fremdkörperaspiration (auch bei negativem Röntgen-Thorax-Befund) ist eine Bronchoskopie Pflicht.

18.3. Gastrointestinaltrakt

18.3.1. Untersuchungsmethoden:

Vorbereitung: Vor der Durchführung einer Magen-Darm-Passage bei Neugeborenen und kleinen Kindern wird die letzte Mahlzeit ausgelassen. Eine abdominale Leeraufnahme vor jeder Magen-Darm-Passage ist Pflicht (zur Beurteilung der Verteilung von intestinaler Luft, um freie abdominale Luft auszuschließen und um den Grad einer Obstruktion zu beurteilen). Die Leeraufnahme ist in vielen Fällen bereits ausreichend, um zu entscheiden, ob Kontrastmittel wirklich nötig ist oder ob ein sofortiger chirurgischer Eingriff unvermeidbar ist (z.B. bei freier abdominaler Luft oder im Falle einer proximalen Atresie eines Neugeborenen). Für Kontrastmitteluntersuchungen (Magen-Darm-Passage oder Kolon-Kontrastmitteleinlauf) wird bevorzugt ein niedrig osmolares und absorbierbares Mittel gewählt.

18.3.2. Einige wichtige Krankheiten

Ösophagusatresie: liegt normalerweise auf Höhe des oberen und mittleren Ösophagus und ist manchmal assoziiert mit tracheobronchialen Fisteln. Betroffene Neugeborene können ihren Speichel nicht schlucken und eine eingeführte Sonde bleibt im Ösophagus stecken. Die häufigste Form ist die Atresie mit einer unteren Fistel. In 50% der Fälle können weitere Anomalien gefunden werden und im Rahmen des so genannten VACTERL-Syndroms können weitere Anomalien auftreten (vertebrale Anomalien, anale Anomalien, Herzfehler, tracheo-ösophageale Fistel, renale Fehlbildungen und Fehlbildungen der Gliedmaßen). (Abb.10.,11.)
Radiologische Bildgebung: Ein röntgendichter Tubus ist im obstruierten Ösophagusdivertikel sichtbar. Bei unteren Fisteln ist das Intestinum luftgefüllt, begleitende Fehlbildungen an Wirbelsäule und Rippen können beobachtet werden.
Hypertrophe Pylorusstenose (HPS). Als Folge einer Hypertrophie und Hyperplasie der Pylorusmuskulatur kann eine sekundäre Stenose auftreten, die gewöhnlich bei drei bis sechs Wochen alten Kindern symptomatisch wird. Sie tritt häufiger bei Jungen auf und führt zu häufigem, nicht-galligem, schwallartigem Erbrechen. Im Ultraschall kann der vergrößerte (15 mm oder mehr), wandverdickte (3 mm oder mehr) Pylorus im Längs- und Querschnitt dargestellt werden. (Abb. 12.a-b.)

 

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10 Der Tubus schlägt auf Höhe des vierten BWK um, der Darm ist luftgefüllt. Ösophagusatresie mit unterer Fistel.
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11 Der Tubus schlägt auf Höhe des zweiten BWK um. Das Abdomen enthält kein Gas. Ösophagusatresie ohne Fistel.
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12. a Abdominaler Ultraschall: der Pylorus ist erweitert, die Wand verdickt. Pylorussstenose, Längsschnitt.
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12. b Ultraschall, Querschnitt.

 
Duodenale Obstruktion. Der Grund für einen proximalen Verschluss ist eine primäre duodenale Atresie oder Stenose. Für gewöhnlich kann im intrauterinen Ultraschall der distendierte Magen und das distendierte Duodenum als eine zystische Masse erkannt werden, während das restliche Intestinum komplett frei von Flüssigkeit ist. In den ersten Stunden nach Geburt tritt Erbrechen auf. Eine konventionelle Abdomen-Übersichtsaufnahme zeigt bei duodenaler Atresie das so genannte “double bubble”-Zeichen, bei dem Magen und Duodenum erweitert sind, aber die distalen Segmente frei von Luft sind. In Falle einer Stenose enthalten die distalen Schlingen jedoch etwas Luft. Andere Untersuchungen sind unnötig. Die Luft reicht als negativer Kontrast aus. (Abb. 13.)
Volvulus durch Malrotation. Während der normalen Entwicklung des Intestinaltrakts vollziehen die Darmschlingen drei Rotationen im Uhrzeigersinn um 90 Grad um die Arteria mesenterica superior. Wenn diese Entwicklung nur in Teilen stattfindet, verbleiben die Darmschlingen in einer nicht- oder malrotierten Position, die Mesenterialwurzel ist kürzer und das Zökum nur schwach befestigt. Diese anatomische Position kann während des ganzen Lebens symptomlos bleiben, aber sie prädisponiert für einen Volvulus. Ein Volvulus kann in jedem Alter auftreten, aber er ist am häufigsten in den ersten fünf Lebensmonaten, wo es dann plötzlich mit galligem Erbrechen beginnt. In diesem Stadium verdrehen sich die Darmschlingen um die Mesenterialwurzel und führen so zu einem Verschluss, der zu einem schnellen Absterben des Darms führen kann. Im Ultraschall kann die Vena mesenterica superior dargestellt werden, die um die Arteria mesenterica superior gewickelt ist – das so genannte Whirlpool-Zeichen. (Abb. 14.)
In der Röntgenuntersuchung gelingt das Kontrastmittel nicht bis zum Jejunum oder imponiert als Korkenzieher-Zeichen auf der rechten Seite der Wirbelsäule, wo es in den verdrehten Darmschlingen liegt. (Abb. 15.)

 

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13. Distendierter Magen und duodenaler Bulbus, “double bubble”-Zeichen. Duodenalatresie
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14.“Whirlpool”-Zeichen. Die Vena mesenterica superior verdreht sich um die Arteria mesenterica superior. Volvulus. Ultraschall
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15. Kontrastmittel entleert sich langsam aus dem Magen, der Dünndarm ist auf der rechten Seite des Abdomen. Malrotatiosvolvulus.
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16. Nie benutzetes, enges Kolon. Neugeborenes, Mekoniumileus.

 
Mekoniumileus: Er tritt bei 10% der Kinder mit zystischer Fibrose (CF) auf und fast alle Fälle eines Mekoniumileus sind Folge einer CF. Er ist durch Erbrechen und Bauchblähung charakterisiert, weil das Mekonium nicht abgeführt werden kann. Auf der Röntgenübersichtsaufnahme ist das Intestinum distendiert, jedoch ohne Luft/Flüssigkeits-Spiegel wegen der adhäsiven Eigenschaften des Mekoniums. Ein Kolonkontrasteinlauf mit wasserlöslichem Kontrastmittel zeigt einen Mikro-Kolon, in dem durch das Mekonium Kontrastmittel-Füllungsdefekte auftreten, die kleinen Perlen ähneln. Kontrastmittel, welches das terminale Ileum erreicht, und die Wiederholung des Einlaufs kann manchmal den Ileus auflösen. (Abb. 16.)
Invagination. Wenn eine distale Darmschlinge in eine proximale Schlinge invaginiert, kann ein mechanischer Ileus entstehen und eine Ischämie verursachen. Dies passiert am häufigsten bei Kindern im Alter von drei bis 24 Monaten, die mit wiederkehrenden, kolikartigen Beschwerden, Darmblähung, einer palpablen Masse und häufigem Erbrechen und blutigen Stuhlgänge auffallen. Eine Invagination erfordert eine sofortige Diagnosestellung und Desinvagination. Im Ultraschall hilft das Target-Zeichen oder Schießscheibenphänomen, im Querschnitt und im Längsschnitt das Pseudokidney-Zeichen (Abb.17.). Die Therapie besteht aus einer hydrostatischen oder pneumatischen Desinvagination. Eine Perforation und/oder eine Peritonitis sind für diese Prozedur absolute Kontraindikationen. Die hydrostatische Desinvagination kann unter Durchleuchtung oder unter Ultraschallkontrolle erfolgen und gilt als erfolgreich, wenn Luft oder Kontrastmittel im terminalen Ileum erscheinen und die invaginierten Darmschlingen verschwinden (Abb. 18. a-c). Sollte dies nicht erfolgreich sein, muss eine chirurgische Desinvagination durchgeführt werden.

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17. Schießscheibenphänomen. Invagination
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18. Desinvagination mit Luft.
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18. b. Pfeil: invaginiertes Segment.
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18. c. Erfolgreiche Desinvagination.

 
Nekrotisierende Enterokolitis (NEC). Sie ist eine ernste, nekrotisierende Erkrankung des Neugeborenen. Meistens tritt sie bereits in den ersten 10 Lebenstagen auf, kann aber auch in den ersten fünf Monaten nach Geburt entstehen. Erbrechen, Darmblähung, blutiger Stuhlgang, Azidose, Peritonitis und Perforation sind häufige Symptome. Abdomenübersichtsaufnahmen sind in frühen Stadien der Erkrankung meist nicht aussagekräftig; später sind Dilatation und Distanzierung der Darmschlingen als Hinweis auf eine Wandverdickung zu erkennen. Häufig erscheinen Luftblasen in der intestinalen Subserosa oder Submukosa als charakteristisches Zeichen einer intestinalen Pneumatosis. Die intramurale Luft kann in die mesenterialen Venen diffundieren und erscheint dann in den portalvenösen Gefäßen in Projektion auf die Leber. Freie abdominelle Luft weist auf eine Perforation hin und erfordert chirurgisches Eingreifen. (Abb.19.) Im Ultraschall können diese charakteristischen Befunde schon vor der Röntgenuntersuchung entdeckt werden. Der Ultraschall zeigt die verdickte intestinale Wand, portalvenöse und intramurale Luft, freie Flüssigkeit oder einen Abszess. (Abb.20.)
Morbus Hirschsprung. Bei dieser Erkrankung fehlen die Ganglien im distalen Kolon. Die fehlende Innervation der glatten Muskulatur des Kolons führt zu einer spastischen, funktionellen Obstruktion. Die Symptome können direkt nach Geburt mit fehlendem Mekoniumabgang und Zeichen der Obstruktion auftreten. In der Röntgenübersichtsaufnahme des Abdomens sind die proximalen Darmschlingen distendiert und zeigen Luft/Flüssigkeits-Spiegel, die distalen Schlingen enthalten keine Luft. Mit einem Kolonkontrasteinlauf können die distal irregulären, spastischen, nicht-innervierten Segmente und die proximal prästenotische Dilatation des Kolons dargestellt werden. (Abb.21.)

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19. Distendierte Darmschlingen. Luft in der Darmwand, intestinale Pneumatosis. Nekrotisierende Enterokolitis.
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20. NEC, Ultraschall. Freie abdominale Flüssigkeit, mit echoreichen Anteilen. Luftbläschen in der Darmwand: “Zebra”-Zeichen (Pfeil).
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21. Das distale Kolonsegment ist eng, unregelmäßig (aganglionäres Segment). Übergangszone (Pfeil) und kompensatorisch prästenotische Dilatation. Morbus Hirschsprung

 

18.4.Urogenitalsystem

18.4.1. Diagnostische Methoden

Ultraschall ist die Methode der Wahl, er liefert detaillierte Informationen über die Morphologie der Nieren und des Urogenitaltrakts. Mit pränatalem Ultraschall können die meisten Läsionen bereits intrauterin diagnostiziert werden.
Die Miktionszystourethrographie (MCU) ist der Goldstandard für die Bildgebung der Harnblase und den distalen Harntrakt wie auch für die Untersuchung eines vesiko-uretralen Reflux. Über einen Blasenkatheter wird Kontrasmittel unter Durchleuchtung appliziert.
Sonozystographie. Ultraschallkontrastmittel wird über einen Blasenkatheter appliziert. Das Kontrastmittel erhöht die Echogenität des Urins und im Falle eines Refluxes kann es im Ureter und im Pyelon nachgewiesen werden. Diese Methode kann in den meisten Fällen die MCU ersetzen, jedoch bleibt der Blasenkatheter eine invasive Methode.
Nuklearmedizinische Untersuchungen (siehe dort)
MR-Urographie (siehe dort)

18.4.2. Einige wichtige Erkrankungen

Kongenitale obstruktive Uropathien. Kongenitale Anomalien der Nierenentwicklung können auf jeder Höhe im Harntrakt auftreten. Das häufigste bildgebende Zeichen ist eine Dilatation des Harntrakts. Die Rolle der Bildgebung liegt dabei in der Diagnosestellung, der Beurteilung der Höhe und der Schwere der Dilatation und im Unterscheiden von obstruktiven und nicht-obstruktiven Fällen.

Ureterabgangsstenose. Eine Stenose am uretropelvinen Übergang kann angeboren oder erworben sein und in unterschiedlichen Schweregraden vorliegen. Sie führt zu einer Störung der Exkretion des Urins aus dem Nierenbecken in den proximalen Ureter. Sie ist die häufigste Form einer obstruktiven Uropathie. Mit dem Ultraschall kann bereits pränatal die uni- oder bilaterale Harnstauung diagnostiziert werden, die immer ohne Dilatation der Ureteren vorkommt. (Abb.22.)

Nuklearmedizinische Untersuchung: Ein mit Diuretika zusammen injiziertes Isotop (Tc-99m-MAG3) kann zur Analyse der Nierenfunktion genutzt werden.

Urethralklappen (Subvesikale Obstruktion). Sie ist die schwerste Form der obstruktiven Uropathien. Die Klappendysfunktion betrifft hauptsächlich männliche Neugeborene und kann zu einer bilateralen Obstruktion mit Hydronephrose und Hydroureter führen. Die Urination kann nur mit Unterbrechungen erfolgen. Die Harnblasenwand ist verdickt und trabekulär. Reflux ist häufig. Die proximale Urethra ist ebenfalls distendiert. (Abb.23.)

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22. Nierenkelche und Pyelon sind erweitert, das Parenchym verschmälert. Schwere Hydronephrose. Der Ureter ist nicht sichtbar. Pyelouretrale Stenose.
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23. Miktionszystourethrographie. Kleines Divertikel rechts, die proximale Urethra ist dilatiert, distal davon ein Füllungsdefekt. Subvesikale Obstruktion, dorsale Urethralklappe.

 
Vesikouretraler Reflux (VUR). Reflux bedeutet Wiedereintritt von Urin aus der Blase in den Ureter und das Nierenbecken auf Grund einer Insuffizienz der ureterovesikalen Klappen. Dies kann zu einer vorübergehenden oder dauerhaften Dilatation des Harntrakts führen. Mit dem Ultraschall kann nur der Verdacht auf einen vesikoureteralen Reflux geäußert werden. Indirekte Zeichen im Ultraschall sind: verdickte Pyelonbegrenzung, kleine Niere, dünner und unscharfer kortiko-medullärer Übergang, unregelmäßiges Parenchym, verdickte Harnblasenwand. Ein Reflux kann mit einer MCU oder einer Sonozystographie dargestellt werden. Ein Reflux wird international in fünf Stadien (I-V) eingeteilt. Eine Sonderform ist der intrarenale Reflux, der im oberen oder unteren Pol der Niere erscheint. (Abb.24. a-e.)

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24.a.
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24.b.
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24.c.
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24.d.
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24.e.
Miktionszystourethrographie. a. Reflux in den linken, normal weiten Ureter.VUR l.s. Gr.I. b. Beide Ureteren haben einen normalen Durchmesser und füllen sich retrograd mit Kontrastmittel aus der Blase. VUR l.u. Gr.II. c. Diskret erweiterter rechter Ureter und Pyelon der rechten Niere, das Kelchsystem ist erweitert. VUR l.s. Gr.III. d. Dilatierter Ureter und Pyelon links. VUR l.s. Gr. IV. e. Der rechte Ureter ist deutlich erweitert und elongiert, das Nierenbecken ist ebenso erweitert, die Kelche ausgerundet, Kontrastmittel erscheint in den Nierentubuli. VUR l.d. Gr.V. mit intrarenalem Reflux.

 

18. 5. Abdominale Raumforderungen

Das Neuroblastom ist ein Tumor, der sich ausgehend von jedem Teil des sympathetischen Nervensystems entwickeln kann. Daher sind in über 90% der Fälle die Katecholaminspiegel im Urin erhöht. Es ist der häufigste extrakranielle Tumor bei Kindern und hat die höchsten Malignitätsrate innerhalb des ersten Jahres. Er tritt am häufigsten bei Kindern zwischen ein und fünf Jahren auf, fällt durch eine palpable abdominale Raumforderung auf und wird von Fieber, Bluthochdruck und Anämie begleitet; im Falle von Knochenmetastasen sind Knochenschmerzen und Hinken typisch. Im Ultraschall zeigt sich eine umschriebene, echoreiche Raumforderung, die für gewöhnlich die Mittellinie überschreitet und die Niere verdrängt; sie ist häufig verkalkt, stark vaskularisiert und umgibt und komprimiert die viszeralen Gefäße. Bei fortgeschrittenen Fällen können Leber und Lymphknotenmetastasen gefunden werden. Der Tumor kann auch solid, homogen und glatt begrenzt sein. Die Nebennierenregion ist bei Neugeborenen mit Ultraschall gut darstellbar, bei älteren Patienten können nur noch große Läsionen dargestellt werden. (Abb.25.)
In der CT und MRT stellt sich das Neuroblastom als große, unregelmäßig begrenzte, extrarenale Raumforderung dar, häufig mit Nekrosen, Einblutungen und Verkalkungen. Die Kontrastmittelaufnahme ist homogen.
Nuklearmedizinische Untersuchungen: Der MIBG-Scan hat grundsätzlich eine 100%ige Spezifität, die Sensitivität ist jedoch niedriger, weil es ebenso Tumoren gibt, die MIBG nicht anreichern. (Abb.26.)

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25. Ultraschall, Längsschnitt. Leicht inhomogene Raumforderung über der rechten Niere in der Nebennierenregion. Neuroblastom.
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26. MRT, axial, T2 gewichtet. Unregelmäßig begrenzter, großer, solider, inhomogener retroperitonealer Tumor. Neuroblastom. (mit freundlicher Genehmigung von Dr. Gábor Rudas)

 
Wilms-Tumor. Er ist der häufigste Nierentumor bei Kindern und tritt im Alter zwischen zwei und fünf Jahren auf. Er wird meist nur dann bemerkt, wenn der Tumor bereits als abdominale Raumforderung palpabel ist. Hämaturie, Bluthochdruck, Erbrechen und Bauchschmerzen sind Teil des klinischen Bildes. Ultraschall ist die Basisuntersuchung sowohl für die Diagnostik als auch für das follow-up des Tumors. Der Tumor imponiert normalerweise als eine homogene oder inhomogene Raumforderung, die das Pyelon und die umgebenden retroperitonealen Gefäße verdrängt. Es ist wichtig, Veränderungen an der anderen Niere auszuschließen. (Abb.27.)
Die MRT liefert ein vollständiges Bild des gesamten Abdomens, inklusive der Nieren. Lymphknotenmetastasen und Tumorthromben sind gut darstellbar. (Abb.28.)
Die CT-Untersuchung sollte gewählt werden, wenn ein MRT nicht verfügbar ist. Der Tumor zeigt eine inhomogene Kontrastmittelaufnahme. Pulmonale Metastasen (im klassischen Röntgenbild nicht identifizierbar) können ebenso dargestellt werden. (Abb.29.)

 

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27. Solide, echoreiche Raumforderung der rechten Niere. Wilms-Tumor. Abdominaler Ultraschall
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28. MRT. Axiale, T2 gewichtete Sequenz. Solide Raumforderung der rechten Niere, die gesamte rechte Seite des Abdomens ausfüllend, mit peripher follikulär-zystischen Anteilen. Wilms Tumor. (mit freundlicher Genehmigung von Dr. Gábor Rudas)
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29. CT nach i.v. Kontrastmittelgabe. Großteils hypodense Raumforderung der linken Niere. Wilms-Tumor. (mit freundlicher Genehmigung von Dr. Z. Karádi)

 

18.6. Zentrales Nervensystem (ZNS)

Aufgrund des Umfangs dieses Gebiets können hier nur einige fundamental unterschiedliche diagnostische Methoden und einige für Neugeborene und Kinder typische ZNS-Erkrankungen erwähnt werden.
Die wichtigste diagnostische Methode für das ZNS von Neugeborenen und Kindern ist die MRT (siehe dort).

18.6.1. Spezielle diagnostische Methoden bei Neugeborenen und Kindern

Transkranieller Ultraschall: ist die Methode der Wahl bei Untersuchungen des Hirnparenchyms. Er kann nur bis zum Schluss der Fontanellen (zwischen dem achten und 10. Lebensmonat) durchgeführt werden. Zugangswege sind die vordere und hintere Fontanelle, sowie mastoidal und transtemporal. Für die Untersuchung benötigt man einen Hochfrequenz-Konvexschallkopf und einen Linearschallkopf. (Abb.30. a-d.)
Vertebraler Ultraschall: kann nur in den ersten zwei bis drei Lebensmonaten bis zum Verschluss des Wirbelbogens mit einem Linearschallkopf durchgeführt werden. (Abb.31.)

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30.a.
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30.b.
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30.c.
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30.d.
30. a-d) Transkranieller Ultraschall. Normales Gehirn eines Neugeborenen. a-b. Koronar, c-d. Sagittal.

Mit dem Ultraschall ist die Diagnose und das follow-up zerebraler Komplikationen frühreifer Kinder möglich, so z.B. bei: subependymaler Blutung, periventrikulärer Leukomalazie, Hydrocephalus und für das Screening bestimmter Entwicklungsstörungen (Agenesie des Corpus callosums, Aneurysma der Vena cerebri magna Galeni, Dandy-Walker-Fehlbildung) (Abb.32.). Man muss jedoch daran denken, dass Ultraschall nicht für alle Anomalien oder komplexere Läsionen sensitiv genug ist. Metabolische Störungen und einige Blutungen sind nicht immer mit Ultraschall erkennbar. Es ist eine sehr nützliche Untersuchungsmethode, jedoch müssen ihre Limitierungen im Kopf behalten werden und wenn nötig muss das MRT verwendet werden.

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31. Normaler vetrebraler Ultraschall, Längsschnitt (langer Pfeil: Conus medullaris, kleiner Pfeil: Wirbelkörper.) Neugeborenes.
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32. Ultraschall. Sagittal. Radiales Muster der Gyri. Agenesie des Corpus callosum.

 

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33. a.Hirninfarkt, Neugeborenes. a. Ultraschall, koronar. Kleines, echoreiches Areal im rechten Temporallappen
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33. b. MRT, axial, diffusionsgewichtete Sequenz. 3,5 cm großes Areal rechts mit eingeschränkter Diffusion. Akuter Infarkt in der parieto-temporalen Region. (mit freundlicher Genehmigung von Dr. György Várallyai)

 

18.6.2. Einige Erkrankungen frühgeborener Kinder

Intrazerebrale Blutungen ausgehend vom Stratum germinativum. Diese Blutung tritt typischerweise bei frühgeborenen Kindern auf. Es werden vier Stadien unterteilt (Subependymale Blutung, leichte Ventrikeleinblutung, schwere Ventrikeleinblutung, Hirnparenchymblutung). (Abb. 34., 35.)
Ein Hydrozephalus ist eine häufige Komplikation nach intrazerebralen Blutungen, der in ungefähr der Hälfte der Fälle wieder von selbst zurückgeht. Ultraschall ist die Methode der Wahl für Diagnostik und follow-up.
Periventrikuläre Leukomalazie (PVL). Die PVL ist eine meist biventrikuläre, porenzephale, zystische Erkrankung der periventrikulären weißen Substanz, die als Folge eines zerebralen Sauerstoffmangels bei Frühgeborenen entsteht. (Abb. 36.)

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34. Transkranieller Ultraschall, koronar. Mäßige Erweiterung der Ventrikel mit inhomogener Einblutung ins Vorder-horn des rechten Seitenventrikels. Intrazerebrale Blutung Grad III.
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35. Transkranieller Ultraschall, koronar. Die Hinterhörner sind erweitert, Blut findet sich in allen Ventrikeln. Links periventrikuläre Parenchymblutung. Intrazerebrale Blutung Grad IV.
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36. Transkranieller Ultraschall, sagittal. Dilatierte Ventrikel, periventrikuläre Zysten. PVL

 

18.6.3. Reife Neugeborene

Hypoxisch-ischämische Hirnschäden. Eine hypoxische Ischämie oder Neugeborenenasphyxie ist die häufigste Ursache für schwere neurologische Anomalien des Neugeborenen. Die Rolle der Bildgebung besteht im Ermitteln des Ausmaßes der Schädigung und in der frühestmöglichen Überwachung des geschädigten Areals. Ultraschall: Im akuten Stadium der Erkrankung können mit dem Ultraschall in manchen Fällen fokale oder diffuse echoreiche Läsionen periventrikulär oder in den Basalganglien dargestellt werden. Bei chronischer Erkrankung können periventrikuläre Zysten, eine Enzephalopathie, Hydrozephalus und ein erweiterter Subarachnoidalraum gesehen werden. Das MRT ist die sensitivste Methode und kann Veränderungen darstellen, die im Ultraschall unsichtbar bleiben. In akuten Stadien ist die Magnetresonanzspektroskopie sehr sensitiv. Hirnschäden werden durch einen Peak beim Laktatspiegel und durch erniedrigte Werte anderer Metabolite sichtbar. Die diffusionsgewichtete MRT-Sequenz ist die sensitivste Methode um ein zytotoxisches Ödem direkt nach einem ischämischen Insult nachzuweisen.

18.6.4. Entwicklungsstörungen des ZNS

Sie gehören zu den häufigsten Entwicklungsstörungen (1:100 Geburten). Das Spektrum ist breit und reicht von kleinen, fokalen kortikalen Dysplasien bis hin zu komplexen Syndromen. Das frühe Erkennen dieser Entwicklungsstörungen hilft, die Schwere der Läsion abzuschätzen und eventuell auch bei der Verbesserung von Therapie und Prognose. Die Früherkennung spielt auch eine fundamentale Rolle bei der Planung zukünftiger Schwangerschaften. Ultraschall ist nur zum Teil gut für die Diagnostik; die MRT ist die Methode der Wahl, um kortikale Malformationen, Migrationsstörungen der kortikalen Neurone und Myelinisierungsstörungen nachzuweisen.

18.6.5. Supra- und infratentorielle Hirntumore bei Kindern

Hirntumore sind nach den Leukämien die zweithäufigsten Krebserkrankungen bei Kindern.
Die Symptome unterscheiden sich von denen des Erwachsenenalters, zum einen, weil bei Kindern andere Tumorarten vorkommen und zum anderen, weil die knöchernen Strukturen noch nicht geschlossen sind. Hirntumore bei Kindern unter zwei Jahren sind überwiegend suptratentoriell lokalisiert, während zwischen zwei und 10 Jahren die meisten Tumoren infratentoriell liegen. Bei Kindern älter als 10 Jahre ist das Verhältnis zwischen supra- und infratentoriell ausgeglichen. Vor einem neurochirurgischen Eingriff wird eine MRT mit mehreren Sequenzen und intravenöser Kontrastmittelgabe durchgeführt, außerdem kann die funktionelle MRT als komplementäre Technik genutzt werden, um Diagnose und Operationsplanung zu verbessern. Eine frühe postoperative MRT (innerhalb von 24 Stunden) ermöglicht das Erkennen von Tumorresten. Ultraschall ist von eingeschränktem Nutzen und kann für die Nachfolge bei einem konsekutiven Hydrocephalus genutzt werden.

18.7. Muskuloskelettales System

18.7.1. Diagnostische Methoden (siehe dort)

18.7.2. Einige wichtige Erkrankungen

Osteomyelitis. Osteomyelitis bedeutet Entzündung des Knochens und des Knochenmarks. Die wichtigsten Symptome sind Schmerzen, Fieber, Erythem, Schwellung und erhöhte Entzündungszeichen.
Bei Neugeborenen und Frühchen ist sie häufig symptomfrei und multifokal. Frühzeitige Diagnostik und Therapie sind äußerst wichtig, da der sich entwickelnde Knochen dauerhaften Schaden erleiden kann. Unter einem Lebensjahr enthalten die Epi- und Metaphyse noch reichlich Gefäßanastomosen, die einen Weg für die Entzündung in Richtung der Epiphyse oder sogar den Gelenken benachbarter Knochen darstellen. Nach dem ersten Lebensjahr verschwinden die Anastomosen und die Erkrankung ist charakteristischerweise auf die Metaphyse beschränkt. Selten treten primär in der Diaphyse und Epiphyse lokalisierte Osteomyelitiden auf.
Im Röntgenbild zeigen sich innerhalb der ersten sieben bis 14 Tage keine Veränderungen. Das erste Zeichen ist eine fokale Osteoporose mit unscharfem Rand. Im weiteren Verlauf können Weichteilschwellung, Knochendestruktionen, Osteolysen und Knochennekrosen auftreten und im späteren Verlauf kommen Sequester und periostale Reaktionen dazu. Die vollständige Abheilung im radiologischen Bild dauert Monate. (Abb.37. a-d.)
Mit dem Ultraschall können Frühzeichen vor der Diagnose im Röntgenbild erkannt werden. Ein Weichteilödem, eine periostale Reaktion und subperiostale Flüssigkeit können schnell dargestellt werden. (Abb.38.)
Die Nuklearmedizin ist eine Methode mit einer Sensitivität und Spezifität von 90% und mehr für die Diagnose einer Osteomyelitis, jedoch ist sie innerhalb der ersten sechs Lebensmonate nur teilweise verlässlich. Sie zeigt einen charakteristischen Aktivitätsanstieg in allen drei Phasen.
Die MRT kann eine Osteomyelitis in frühen Stadien und mit großer Zuverlässigkeit darstellen. Identifikation der Erkrankung und Ermittlung ihres Ausmaßes gelingen in 88-100%. Die MRT kann gute Bilder der Epi-, Dia- und Metaphyse liefern und die Relation der Entzündung zum Gelenk ebenfalls abbilden (Ödem, Exsudate, Abszess). (Abb. 39. a-b.)

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37.a.
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37.b.
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37.c.
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37.d.
37.a-d) Röntgenbilder des rechten Humerus. a. Rarefizieren im proximal-medialen Anteil der Metaphyse – frühe Osteomyelitis. b. Zwei Wochen später. c. Einen Monat später hat eine sklerosierende Regeneration begonnen. d. Fast vollständige Heilung nach vier Monaten. Osteomyelitis beim Kind.

 

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38. Ultraschall, Längsschnitt. Auf der rechten Seite des proximalen Femurs sind die periostealen Weichteile echoarm.
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39.a.
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39.b.
39.a-b MRT, T2 und T1 gewichtet, axiale Bilder nach i.v. Kontrastmittelgabe.
Anhebung der Signalintensität und Kontrastmittelenhancement im Knochenmark des linken Schenkelhalses. Zwei Jahre altes Kind, Osteomyelitis (mit freundlicher Genehmigung von Dr. Gábor Rudas).

 
Rachitis. Eine Rachitis kann durch unzureichende Vitamin D-Versorgung, eine verringerte Aufnahme von Mineralien (z.B. bei Frühgeborenen) und einen Vitamin D-Mangel durch Malabsorption (Zöliakie, Zystische Fibrose) oder andere Störungen im Vitamin D-Produktionszyklus entstehen. Die klinischen Symptome sind sehr charakteristisch: die Handgelenke sind geschwollen, an den vorderen Rippenbögen finden sich palpable Auftreibungen, der Schädel ist komprimierbar wie ein Tischtennisball. Im Röntgenbild finden sich die typischen Zeichen der Rachitis entlang der Ossifikationszonen. Im Röntgenbild des Handgelenks haben die distale Metaphyse von Ulna und Radius eine irreguläre Kontur, sind ausgehöhlt und die Distanz zwischen Knochen und Epiphysenkern ist erweitert. (Abb. 40.)

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40. Röntgen des Handgelenks. Erweiterte Distanz zwischen Handwurzelknochen und radialer/ulnarer Epiphyse, unregelmäßige und ausgehöhlte Gelenkflächen, teilweise verringerte Knochendichte.
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41. Rachitis. Ultraschall, Hüfte im Längsschnitt. Erweiterter Gelenkspalt mit echofreier Flüssigkeit. Coxitis fugax.
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42. Ultraschall. Normale Neugeborenenhüfte (Pfeil: Hüftknochen)

Coxitis fugax. Sie ist eine transiente entzündliche Erkrankung des Hüftgelenks, die Schmerzen und Hinken verursacht. Der Schmerz ist häufig anderswo lokalisiert, am Bein oder am Knie, womit das Hinken das einzige verlässliche Symptom ist. Im Ultraschall können kleine Mengen von Gelenkerguss erkannt werden. Hinweisend auf eine Entzündung sind entweder eine 4 mm breite Flüssigkeitsansammlung oder 2 mm Unterschied im Vergleich zum anderen Bein. Die Gelenkkapsel ist häufig verdickt. (Abb.41.)
Hüftdysplasie. Die angeborene Hüftdysplasie ist eine multifaktorielle Erkrankung, die häufiger bei Mädchen vorkommt (1:9) und die Disklokation des Femurkopfes verursacht. Anomalien in der Entwicklung und Konfiguration des Acetabulums, ligamentäre Lockerung, Muskelkontrakturen, positive Familienanamnese, oder die intrauterine Beckenendlage sind alle als mögliche Faktoren in der Entwicklung der Hüftdysplasie genannt worden. Die kindliche Hüftdysplasie kann mit dem Ultraschall diagnostiziert werden. Ultraschall ist indiziert, wenn in der klinischen Untersuchung der Verdacht geäußert wird oder wenn Risikofaktoren bestehen (Beckenendlage, Zwillingsschwangerschaft, Familienanamnese, Oligohydramnion, deformierte Beine, neuromuskuläre Erkrankungen). Der Ultraschall kann als Screening-Instrument genutzt werden. Wegen der physiologischen Lockerheit der Bänder vor der vierten Lebenswoche und der damit verbundenen unreife der Hüften, sollten Screening-Untersuchung nach der vierten Woche und bis zum vierten bis sechsten Lebensmonat durchgeführt werden. (Abb.42.)
Im konventionellen Röntgenbild können – bis zur Ausbildung des Ossifikationszentrums des Femurkopfes – nur indirekte Zeichen der Hüftdysplasie nachgewiesen werden.
Battered-Child-Syndrom, Kindesmisshandlung, Schütteltrauma, non-accidental injury. Dies sind alles Synonyme, die den Begriff Kindesmisshandlung beschreiben. Häufig kann nur der Radiologe diese Fälle identifizieren. Es gibt einige charakteristische Verletzungsmuster, die nicht in Verbindung stehen mit der Geschichte, die die Eltern erzählen. Multiple Frakturen, besonders in unterschiedlichen Heilungsstadien, weisen auf eine Kindesmisshandlung hin. Komplexe Schädelfrakturen sind bei einfachen Stürzen eher selten. Das charakteristischste Zeichen sind sogenannte „corner“-Frakturen an den Metaphysen der Röhrenknochen.
Gewalttätiges Schütteln verursacht Rippenfrakturen und „hin und her“-Bewegungen des Kopfes führen zu Subduralhämatomen und hypoxisch-ödematösen Kontusionen.
Röntgen: Notwendig sind Röntgenuntersuchungen vom Thorax, dem Schädel in zwei Ebenen, der Wirbelsäule und der Extremitäten. (Abb.43.)
Ultraschall: sowohl kranialer als auch abdominaler Ultraschall sollten durchgeführt werden. Eine CT-Untersuchung kann notwendig werden, wenn die abdominalen oder vertebralen Verletzungen schwer sind. Eine MRT ist unvermeidbar, wenn neurologische Symptome anhalten.

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43. Röntgen-Vergleichsaufnahme der Knie. „Corner“-Fraktur der distalen, lateralen Femurepiphyse mit Osteolyse und periostaler Reaktion. Periostale Reaktion beider Tibiae. Kindesmisshandlung.

 

Zusammenfassung

 
1. ALARA – As Low As Reasonably Achievable – es sollte demnach immer die geringstmögliche Strahlendosis verwendet werden. Dies ist ein fundamentaler Grundsatz der Kinderradiologie.
2. Thoraxerkrankungen können überwiegend mit klassischem Röntgen und komplementärem Ultraschall diagnostiziert werden. CT und MRT sind selten notwendig.
3. Luft kann häufig als negatives Kontrastmittel für Röntgenübersichtsaufnahmen des Abdomens bei gastrointestinalen Entwicklungsstörungen verwendet werden und ist für die Diagnosestellung meist ausreichend.
4. Die Untersuchung des Gastrointestinaltrakts des Neugeborenen wird mit absorbierbaren Kontrastmitteln niedriger Osmolarität durchgeführt. Ulatraschalluntersuchungen sind ein wichtiger Teil der diagnostischen Möglichkeiten.
5. Für die urologische Diagnostik werden Ultraschall, Miktionszystourethrographie, Nuklearmedizin und seltener die MRT benötigt.
6. Transkranieller und vertebraler Ultraschall haben einige Einschränkungen, sind jedoch nützliche diagnostische Methode solange die Fontanellen und der Wirbelbogen offen sind. Wenn die Ultraschalluntersuchung nicht ausreicht, sollte mit der MRT weiter untersucht werden.

Deutsche Übersetzung Emese Kristóf


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